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Während im 19. Jahrhundert die Pubertät etwa im Alter von 17 Jahren begann und Mädchen ihre Regelblutung bekamen so haben inzwischen viele elfjährige Teenager bereits ihre Periode. Jungs haben ihren ersten Samenerguss bereits schon vor dem 12. Lebensjahr und greifen wegen der sprießenden Barstoppeln zum Rasierer.
Statistisch gesehen verschiebt sich die Geschlechtsreife pro Jahrgang um zwei Monate nach vorne. Gründe hierfür gibt es keine genauen. Laut Wissenschaft könnten vor allem die bessere medizinische Versorgung, reichhaltigere Ernährung und auch Umweltgifte und Östrogen ähnliche Stoffe, die es in einigen Lebensmitteln gibt, Gründe hierfür sein.
Schnell beleidigt und gereizt, Tränen fließen schnell. Was passiert also in der Praxis? Der Körper verändert sich fast rasend schnell. Mädchen haben bereits mit circa 15 Jahren eine voll ausgewachsene Brust, der Zyklus wird regelmäßiger und der erste Eisprung setzt ein. Bereits ein Jahr später sind Mädchen voll fortpflanzungsfähig, während bei Jungs die Stimme tiefer wird und ein enormer Wachstumsschub zu sehen ist. Mit 16 werden dann die ersten reifen Samenzellen produziert.
Während man früher davon ausgegangen ist, dass das Gehirn eines sechsjährigen Kindes so gut wie ausgewachsen ist, belegen neue Studien, dass in der Pubertät neue Verbindungen zwischen Nervenzellen geknüpft werden und andere dafür verschwinden. Hier sind in der Hirnregion die sogenannten Stirnlappen betroffen – und hier das wichtige Kontrollzentrum.
Möglich dass die Reizbarkeit, Entscheidungsschwächen, Launen, Vergesslichkeit, Lernschwäche und nicht zuletzt die Unberechenbarkeit vieler Pubertierender Teenager Resultate dieser Baustelle im Gehirn sind. Und gerade weil dieser Prozess so vieles beeinflusst in Körper und Gehirn schaden Alkohol, Nikotin und andere Drogen ganz besonders.
Natürlich ist die Pubertät die Zeit der Unsicherheit und des Zweifelns. Weder als Kind noch als Erwachsener fühlt sich der Pubertierende oft missverstanden und im Chaos. Erscheint doch die Erwachsenen Welt noch viel zu unverständlich und kleinkariert. Entscheidungen werden daher kurz entschlossen und emotional getroffen, impulsives Reagieren ist oft an der Tagesordnung. Sinnkrisen, Probleme mit dem eigenen Körper, Magersucht oder Bulimie, Gefühlschaos der ersten Liebe und sogar Suizidgedanken tauchen auf.
Provokation: ja bitte! Die Pubertierenden „trainieren“ ihre Konfliktfähigkeit auf Kosten der Eltern. Diese werden angebrüllt, angeschrien, absichtlich verbal verletzt und provoziert. Jetzt heißt es: Augen zu und durch.
Leider gibt es hier keine passende Bewältigungstheorie oder Strategie, denn Eltern müssen irgendwie damit klar kommen, was der Teenager so an den Tag legt. Es setzt leider kein innerer Mechanismus ein, der Eltern genau das liefert, was gerade jetzt für ein entsprechendes, faires Handling notwendig wäre.
Viele Eltern sind verunsichert über die Veränderungen, die auf sie zukommen, denn strenge Regeln bändigen nicht mehr und treiben nur in den Wahnsinn. Mit der Erziehung scheint es vorbei zu sein. Mama ist plötzlich nicht mehr „die Beste“ und die Zeit mit Papa zu verbringen ist öde und doof. Türen werden geknallt, Haare gefärbt, Diskussionen über Piercings und Tattoos geführt und die Telefonrechnung steigt in den dreistelligen Bereich.
Hier heißt es vor allem Ruhe bewahren für die aufkommenden Stürme, denn starre Erziehungsmethoden gehen jetzt nicht mehr. Hier hilft nur Zeit, Kompromisse zu machen und den vielen Irritationen Raum geben. Ganz ohne Eltern geht es dann aber auch nicht, denn genau die sind so wichtig zur Reibung, als Halt, Vorbild und Coach. Bleibt zu hoffen, dass in dieser oft schweren Zeit Teenager und Eltern ein bisschen mehr Verständnis füreinander haben.