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Im Rhein-Main-Gebiet sind Immobilien ein rares Gut und für die Ausweisung neuer Baugebiete stehen oft nicht genügend Flächen zur Verfügung. Die Wiederbelebung stillgelegter Gewerbe- oder Industrie-Grundstücke für Wohnzwecke kann eine Alternative sein.
Das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt ist für die Genehmigung und Überwachung der in diesem Fall häufig notwendigen Altlastensanierung zuständig. In der Landeshauptstadt Wiesbaden hat sich auf Grund der Vielzahl derartiger Vorhaben - vor allem auch unter Zeit- und Umweltschutz-Aspekten – ein besonderes Verfahren bewährt.
In Wiesbaden erhält die Bauherrschaft von der kommunalen Bauaufsicht gleich zu Beginn des Antragsverfahrens eine Mitteilung über einen gegebenenfalls vorhandenen Eintrag in das hessische Altflächen-Informationssystem (ALTIS).
Damit verbunden ist die Aufforderung, sich mit dem RP Darmstadt über Maßnahmen abzustimmen, die gemäß Bodenschutz- und Altlastenrecht notwendig sind. Die Baugenehmigung wird mit der Auflage versehen, dass die Bauherrschaft der kommunalen Aufsichtsbehörde spätestens vor Baubeginn eine bodenschutzrechtliche Freigabe vom RP vorlegen muss. Die Bauherrschaft kann dann unmittelbar ein in Altlastenfragen sach- und fachkundiges Ingenieurbüro beauftragen.
Das Ingenieurbüro führt mit dem RP einen Ortstermin durch und stimmt die vorzulegenden Unterlagen und Nachweise ab. In der Regel erstellt das Ingenieurbüro eine historische Recherche zu dem Grundstück (Beschreibung der vormaligen Nutzung, Karten/Luftbilder, Angaben zur Lagerung wassergefährdender Stoffe, und so weiter) und übergibt dem RP die Unterlagen, zusammen mit einem Untersuchungskonzept.
Das RP führt – unabhängig vom Baugenehmigungsverfahren der Kommune – ein bodenschutzrechtliches Verfahren durch. Dabei muss die Bauherrschaft nachweisen, dass das Grundstück – gegebenenfalls nach Durchführung entsprechender Sanierungsmaßnahmen – vor Beginn des Neubaus – altlastenfrei ist. Zur Klärung der Frage, inwieweit tatsächlich schädliche Bodenveränderungen auf dem Grundstück vorhanden sind, werden die Wirkungspfade Boden – Mensch, Boden – Nutzpflanze und Boden – Grundwasser überprüft. Hierzu kann das RP einen Sanierungsplan verlangen.
Nach Prüfung in bodenschutzfachlicher und -rechtlicher Hinsicht erteilt das RP dann die bodenschutzrechtliche Zustimmung („Freigabe“) zum Eingriff in den Boden. Erst dann darf mit der Entsiegelung (zum Beispiel Entfernen der Bodenplatte) begonnen werden.
Die bodenschutzrechtliche Zustimmung ist in der Regel mit Auflagen versehen, zum Beispiel:
- Erdaushubarbeiten sind durch ein in Altlastenfragen sach- und fachkundiges Ingenieurbüro zu begleiten
- Unterirdische Anlagenteile (zum Beispiel Erdtanks) sind ordnungsgemäß stillzulegen und auszubauen
- Kontaminationen im Boden sind unmittelbar aufzunehmen und ordnungsgemäß zu entsorgen
- Baugrubensohle und -wände sind freizumessen
- Untersuchungsergebnisse sind zu dokumentieren und vorzulegen (Abschlussdokumentation)
Die Bauarbeiten finden in enger Abstimmung zwischen der Bauherrschaft, dem Ingenieurbüro, der Baufirma (Erdbau- und Abbruchunternehmen) und dem RP als zuständiger Bodenschutzbehörde statt. So ist gewährleistet, dass die Maßnahme zügig durchgeführt, die Auflagen eingehalten und das Sanierungsziel erreicht wird. Die Altlastenfreiheit des Grundstücks wird vom RP bescheinigt und der weiteren Baumaßnahme steht aus bodenschutzrechtlicher Sicht nichts mehr im Wege.
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Hintergrund: Hessisches Altflächen-Informationssystem (ALTIS)
Die Eintragung eines ehemals gewerblich/industriell genutzten Grundstücks im Hessischen Altflächen-Informationssystem (ALTIS) als Altstandort erfolgt mit der Gewerbe-Abmeldung. Die Art der Vornutzung ist entscheidend für die Einstufung in die Branchenklasse. Tankstellen beispielsweise gehören wegen des Umgangs mit wassergefährdenden Stoffen zu den Branchen, bei denen ein sehr hohes Risiko einer schädlichen Bodenveränderung besteht (Branchenklasse 5). Damit besteht für das Grundstück – sofern nicht bereits bekannt – der Verdacht einer Boden- und Grundwasserkontamination, der nachgegangen werden muss.
Weitere Informationen gibt es hier.
Fotos: RP Darmstadt