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Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende und Umwelt- und Verkehrsdezernent Andreas Kowol haben sich in einem Schreiben an die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gewandt. Diese hatte der Stadt bereits im Oktober, kurz vor dem Bürgerentscheid zur CityBahn, in einem „Brandbrief“ mit Fahrverboten und einer erneuten Klage gedroht, da sich die Umsetzung der im Luftreinhalteplan festgehaltenen Maßnahmen verzögert. Gleichzeitig forderte sie die hessische Landeshauptstadt dazu auf, darzulegen, wie sie den Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sicher einhalten will.
Wiesbaden sei „insgesamt auf einem guten Weg“, antworten Mende und Kowol in ihrer Zwischenbilanz zur Umsetzung des Luftreinhalteplans. Die Stadt sieht derzeit keinen Grund für eine erneute Klage. Man habe die Zusagen eingehalten und gehe davon aus, durch die Maßnahmen auch den Stickoxid-Grenzwert einhalten zu können. An zehn Passivsammlern im Stadtgebiet lasse sich eine hoffnungsvolle Gesamtentwicklung ablesen. „Beim gleitenden Jahresmittelwert Oktober 2019 bis September 2020 wird der Grenzwert an den meisten Stationen unterschritten“, heißt es in der Zwischenbilanz der Stadt.
Dennoch müsse man eingestehen, noch nicht am Ziel zu sein. Nach dem Aus der CityBahn - die kein Teil des Luftreinhalteplans war - seien Alternativen gefragt. Die DUH hatte sich in ihrem Schreiben im Oktober klar für den Bau der CityBahn ausgesprochen. Die Reaktivierung der Aartalbahn könne auf längere Sicht eine solche Alternative sein, erklären Mende und Kowol in ihrem Brief. Eine entsprechende Prüfung beginne in Kürze. Außerdem unterstütze man das DB-Projekt Wallauer-Spange. Auch die Stärkung der vorhandenen Bahnverbindungen im Stadtgebiet soll mehr Gewicht bekommen.
Um die Stickoxydproblematik in Wiesbaden zeitnah in den Griff zu bekommen, wolle man den Luftreinhalteplan mit „unverminderter Kraft“ weiter umsetzen. Viele Maßnahmen seien bereits erreicht oder in Arbeit. So etwa die Umweltspuren, neue E-Ladepunkte, Park+Ride Plätze, die Umrüstung auf die Digitale Verkehrssteuerung oder die Förderung des Radverkehrs mittels Radspuren, Abstellplätzen und Verleihsystemen.
Für die noch ausstehenden Luftreinhalteplan-Projekte (DIGI-S/On-Demand-Shuttles für die Stärkung des ÖPNV in den östlichen Vororten, DIGI-P/Digitales Parkraummanagement, Einführung eines E-Cargobike-Sharing-Systems) sei die Freigabe von städtischen Mitteln in Höhe von 2,2 Millionen Euro noch in diesem Jahr notwendig. Mende und Kowol wollen bei den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung dafür werben, die Projekte zu ermöglichen.
In ihrem Schreiben hatte die DUH im Oktober den „Flickenteppich“ Umweltspur auf dem 1. Ring kritisiert und bezweifelt, dass es der Stadt so gelinge, deutlich mehr Menschen dazu zu bewegen, vom Pkw auf das Rad umzusteigen. Dem widerspricht die Stadt nun in ihrem Brief. Die vielen umgesetzten Maßnahmen zeigten bereits Wirkung, so Mende und Kowol. „Auf dem 1. Ring – wenngleich noch nicht komplett fertig gestellt – hat sich der Radverkehr gemäß Zählungen eines Ingenieurbüros von 2018 bis 2020 durchschnittlich verdoppelt.“ Über die Vorgaben des Luftreinhalteplans hinaus habe die Stadt Wiesbaden neue Radverbindungen und -abstellplätze geschaffen, um das Fahrrad als Verkehrsmittel attraktiver zu machen.
Im Verzug ist hingegen das Vorhaben, den ÖPNV emissionsfrei zu gestalten. Der Grund dafür sind coronabedingte bundesweite Lieferverzögerungen. Bis Jahresende sollen jedoch noch 20 neue E-Busse geliefert werden. Die übrigen 90 plant ESWE Verkehr bis Ende 2021 in Betrieb genommen zu haben. Außerdem will die Stadt zehn Wasserstoffbusse beschaffen.
Das 365-Euro-Ticket, das den ÖPNV attraktiver machen soll, haben man bislang wegen einer ausbleibenden Förderungszusage des Bundes nicht umsetzen können. Eigentlich war geplant, das Ticket zum 1. Januar 2021 anzubieten. Die DUH hatte den Rückstand im Oktober kritisiert, gleichzeitig aber deutlich gemacht, dass die Stadt die Umsetzung dieser Maßnahmen nicht allein in der Hand hat. Die DUH versprach, sich für die Zahlung der Fördermittel einzusetzen.
Um die Verzögerungen zu kompensieren, prüft die Stadt derzeit weitere Maßnahmen. So etwa eine Temporeduzierung auf den Straßen in der Innenstadt auf 30 oder 40 Km/h. Außerdem sollen zusätzliche Kapazitäten für das Wiesbadener Bussystem geschaffen werden.
Auch für die zusätzliche Förderung des Radverkehrs stehen Maßnahmen zur Prüfung: Die Errichtung eines Radstreifens auf der Willi-Werner-Straße, eine Verbreiterung der Radstreifen in der nördlichen Erich-Ollenhauer-Straße und der Bau eines Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof für mindestens 500 Räder.
2019 war es Wiesbaden gelungen, Diesel-Fahrverbote abzuwenden. Die Deutsche Umwelthilfe hatte wegen zu hoher Schadstoffwerte geklagt. Mit einem angepassten Luftreinhalteplan und einer Prognose für das Jahr 2020 überzeugte man die DUH, die ihre Klage zurückzog.
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