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Wasser spielt in der Landeshauptstadt Wiesbaden eine wichtige Rolle, nicht nur in ihrem Namen: Die heißen Thermalquellen haben ihre Bekanntheit und ihren Aufstieg als Kurstadt begründet, sie sprudeln bis heute sichtbar in der Innenstadt. Die großen Bäche Rambach, Schwarzbach, Dambach, Kesselbach und Wellritzbach bestimmen den Grundriss Wiesbadens. Sie queren heute allerdings nicht mehr sichtbar die Stadt. Nur die zahlreichen Brunnen auf den innerstädtischen Plätzen weisen noch auf den Wasserreichtum Wiesbadens hin.
„Das soll sich ändern“, betonte Bürgermeister und Umweltdezernent Arno Goßmann anlässlich des Starts der Bauarbeiten in dieser Woche für die Offenlegung von Kesselbach und Wellritzbach. Die zwei großen Bäche sollen wieder an die Oberfläche und Wasser sichtbar durch die Stadt führen. „Stadtgeschichte und die Wasserstadt Wiesbaden werden wieder erlebbar werden. Und mit den Bächen wird das Stadtbild positiv gestaltet und aufgewertet. Das ist auch aus stadtplanerischer Sicht eine große Chance“, so der Bürgermeister.
Möglich ist es, weil die Bäche aus dem Umland heute wieder sauber sind. Eine große Typhusepidemie hatte 1885 dazu geführt, dass ein städtisches Kanalnetz mit separaten Abwasserkanälen entstand. Zur Krankheitsvermeidung wurde hier das häusliche und gewerbliche Schmutzwasser, Regenwasser und Bachwasser aus den gefassten Bächen sowie Thermalwasser gesammelt und zum Klärwerk abgeführt. Dieses Kanalnetz ist weitgehend bis heute in Funktion, inzwischen an die Entwicklung Wiesbadens angepasst. „Allerdings hat sich ein Faktor entscheidend geändert, ökologisch und ökonomisch ist es unbefriedigend, dass sauberes Bachwasser über die Abwasserkanäle in das Klärwerk fließt und dieses belastet“, erläuterte Goßmann.
Bevor Wellritz- und Kesselbach in einigen Jahren wieder abschnittsweise offen durch die Stadt fließen, werden jetzt die Voraussetzungen hierfür geschaffen: Die Abtrennung der Bäche vom Abwasser und eine unterirdische separate Leitung quer durch die Stadt bis zum Salzbachkanal. Eine Ende des 19. Jahrhunderts gebaute Rohrleitung kann für diesen Zweck eingesetzt werden. Sie diente damals dazu, Wasser für Reinigungsvorgänge zuzuführen und wird deshalb als „Spülleitung“ bezeichnet. Da diese Leitung bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts zumindest noch sporadisch genutzt wurde, ist sie auf großen Streckenabschnitten zwischen Kesselbachteich und Wilhelmstraße noch vorhanden. „So kann der Aufwand deutlich reduziert werden, denn die alte Leitung kann saniert werden, wie Untersuchungen bestätigen“, so Bürgermeister Goßmann. Dabei wird ein Schlauch aus einem harzhaltigen Material in die alten Gussrohre eingezogen. Dieser kleidet sie aus und schafft eine glatte Innenseite, so dass der Wasserdurchfluss nicht behindert wird. Der große Vorteil dieser Technik: Es muss nicht der gesamte Streckenverlauf aufgegraben und neu verlegt werden. Die Sanierungsarbeiten erfolgen über bestehende Schächte.
Auf Teilstrecken wie am Platz der Deutschen Einheit, in der Schwalbacher Straße und der unteren Luisenstraße ist die Spülleitung in der Vergangenheit anderen Baumaßnahmen zum Opfer gefallen und ein Neubau unumgänglich. Dort, wo ausreichend Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wird die neue Leitung in offener Bauweise verlegt. An sensiblen Verkehrsstrecken wird hingegen das neue Leitungsrohr unterirdisch im Mikrotunneling-Verfahren eingezogen. Trotz des Vorteils, dass ein Großteil der Strecke saniert werden kann, sind punktuelle Verkehrsbehinderungen während der Bauzeit nicht ganz zu verhindern. „Über den aktuellen Stand der Baustellen kann man sich immer im Internet unter www.wiesbaden.de/umwelt informieren“, teilte Goßmann mit.
Begonnen haben die Arbeiten zur Trennung des Kesselbaches vom Abwassernetz im Januar diesen Jahres an den Walkmühltalanlagen. Von dort tasten sie sich langsam Richtung Innenstadt vor. Insgesamt dauern die Arbeiten bis zum Herbst. Auf dem Platz der Deutschen Einheit soll der Bach noch in diesem Jahr offengelegt werden.
„Ich freue mich, dass sich die Landeshauptstadt Wiesbaden künftig wieder stärker auf ihre Besonderheit, die vielen Quellen und Bachläufe, besinnt. Insgesamt rund 4,85 Millionen Euro stehen für das Gesamtprojekt zur Verfügung. Dieses Geld wird durch die Kosteneinsparungen für die Einleitung des Bachwassers in die Abwasserkanäle zur Verfügung gestellt“, sagte der Bürgermeister.
Ab 2015 erfolgt die Abtrennung des Wellritzbaches zwischen Kurt-Schumacher-Ring und Bleichstraße vom Abwasser. In den Folgejahren werden oberirdisch die offenen Gerinne hergestellt. Geplant sind offene Abschnitte in den Walkmühltalanlagen mit der anschließenden Kirschbaumallee, entlang der Albrecht-Dürer-Straße, auf dem Bülowplätzchen (Ecke Seerobenstraße / Roonstraße), auf dem Sedanplatz sowie an der Blücherschule und entlang der Bleichstraße.
Symbolfoto