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Die Polizei Wiesbaden hat am Freitag die Kriminalstatistik für das Jahr 2016 vorgestellt. Im ersten Teil haben wir über Raubdelikte, Körperverletzungen, Diebstahlskriminalität, Wohnungseinbrüche und Tötungsdelikte in Wiesbaden berichtet. Im zweiten Teil beleuchten wir die Straßenkriminalität, den Kfz-Diebstahl, Sexualdelikte, Jugend- und Zuwandererkriminalität.
Die Straßenkriminalität ist auf einem Tiefstand wie seit 21 Jahre nicht in Wiesbaden. Zum Vorjahr ist die Zahl um 101 auf 4.627 Fälle gesunken, bei einer Aufklärungsquote von 24,2 Prozent. Das sind 2 Prozentpunkte mehr, als noch 2015.
Die Straßenkriminalität beeinflusst das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung maßgeblich, da diese in vielen Fällen durch Unbeteiligte direkt wahrgenommen wird. Das Konzept „Sichere Innenstadt und Kulturpark“ wurde im Jahr 2016 fortgeführt. Die hiermit erzielte erhöhte Polizeipräsenz im Innenstadtbereich, stellt gerade für die Straßenkriminalität eine wirksame Präventionsmaßnahme dar, so Wiesbadens Leitender Polizeidirektor Hans Knapp.
2016 sind 23 weniger Autos in Wiesbaden gestohlen worden als noch ein Jahr (77) zuvor. Bei den Motorrädern sieht es andersherum aus. Hier gab es 46 mehr registrierte Fälle. Insgesamt kamen 173 Kräder weg.
Im Zehnjahresvergleich handelt es sich um die dritthöchste Aufklärungsquote bei den geringsten Fallzahlen innerhalb dieser Zeitspanne von Kfz-Diebstahl in der Landeshauptstadt.
Die positive Entwicklung bei den gelösten Fällen lässt sich damit erklären, dass, im Gegensatz zu 2015, wieder vermehrt hochwertige Fahrzeuge entwendet wurden. Die darin enthaltene Technik bietet ergänzende Ermittlungsmöglichkeiten. Durch die professionell organisierte Vorgehensweise der auf den Diebstahl von Kraftwagen spezialisierten Täter, beziehungsweise Banden, ist eine technische Ermittlungsunterstützung überaus vorteilhaft, schilderte Knapp. „So kann man sehr schnell und einfach den gestohlenen Wagen verfolgen oder ausfindig machen.“
Die Anzahl der Diebstähle in und aus Kraftfahrzeugen ist deutlich zurückgegangen. Im vergangen Jahr kam es zu 828 angezeigten Fällen. 2015 waren es noch 944. Das sind 166 weniger Diebstähle. Erfreulich ist auch die Aufklärungsquote, die bei 22,3 Prozent liegt und damit die mit Abstand höchste seit zehn Jahren ist.
Nachdem im Jahr 2015 wiederholt zahlreiche fest verbaute Navigationsgeräte und andere fahrzeugspezifische Teile - vor allem Airbags - entwendet worden waren, wurde hierfür im Oktober 2015 eine Arbeitsgruppe der Polizei eingerichtet. Die zumeist überörtlich agierenden Serientäter, insbesondere litauische und polnische Bandengruppierungen, werden seither zentral durch diese Arbeitsgruppe bearbeitet. Mit dieser Vorgehensweise ist das frühzeitige Erkennen von Gesamtstrukturen und Zusammenhängen sowie die sich daraus ergebenden, notwendigen täterorientierten Maßnahmen möglich, berichtet die Polizei.
Im Jahr 2016 wurde sehr erfolgreich ein Bandenverfahren gegen litauische Navigations- und Airbag-Diebe in Wiesbaden geführt. Diese Gruppe bestand aus fünf Männern im Alter von 21 bis 42 Jahren. Diesen konnten insgesamt 55 Straftaten in Wiesbaden und den Landkreisen Rheingau-Taunus, Main-Taunus und Hochtaunus nachgewiesen werden. Die begangenen Delikte reichen vom besonders schweren Fall des Diebstahls in/aus Kraftwagen, mit Zielrichtung auf Festnavigationsgeräte und Airbags, über Urkundenfälschung und Kennzeichendiebstahl zu Fahren ohne Fahrerlaubnis und Leistungsbetrug. Die Bande verursachte einen Gesamtschaden von etwa 500.000 Euro.
Am 26. April 2016, kam es zum Verfahrensabschluss mit der Festnahme von drei Tätern im Alter von 23 bis 42 Jahren, wie Wiesbadens Polizeidirektor berichtete. Bereits im Dezember 2016 folgte der justizielle Abschluss. Ein 30-Jähriger wurde zu vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der 23-Jährige erhielt drei Jahre und vier Monate. Für den 42-Jährigen wurden zwei Jahre und vier Monate erlassen.
Auch bei den Vermögens- und Fälschungsdelikte ist ein signifikanter Rückgang um 438 Fälle verzeichnet worden. Die Beamten haben 2016 4.957 Anzeigen aufgenommen. Ein Jahr zuvor waren es noch 5.395. Zu den gesunkenen Fällen, kam noch eine gesteigerte Aufklärungsquote dazu. Die liegt bei 86,7 Prozent, damit wird fast jeder Täter ermittelt.
Der Deliktsbereich Betrug unterliegt aufgrund der rasant voranschreitenden Technik und des hiermit einhergehenden Wandels in der Kommunikations- und Verhandlungsbasis einer steten Fortentwicklung in den Tatbegehungsweisen.
Eine durchweg positive Entwicklung erfuhr der Warenbetrug/-kreditbetrug mittels rechtswidrig erlangten Zahlungsmitteln. Die Fallzahlen sanken hier um 133 Fälle. Zeitgleich konnte die Ermittlungsquote erheblich, um 10 Prozentpunkte, gesteigert werden.
Die Polizei Wiesbaden hat 2016 deutlich mehr Rauschgiftdelikte festgestellt. So wurden 245 Fälle mehr ermittelt als 2015 mit 845. Diese Steigerung hat etwas mit den vermehrten Einsatz- und Kontrollmaßnahmen die im vergangen Jahr durchgeführt wurden, zu tun, so Knapp.
Die Zahl der kriminellen Jugendlichen (unter 21 Jahre) hat dagegen zum Vorjahr abgenommen. 244 Straftaten weniger wurden registriert.
Bei den U21 kam es bei Raubüberfällen auf der Straße (3 Fälle), bei Körperverletzungen insgesamt (74 Fälle), bei Beleidigungen (20 Fälle) und bei Rauschgiftdelikten (26 Fälle) zu einem Anstieg der Fallzahlen. Der größte Rückgang der Fallzahlen ist in der Gruppe U21, bei Ladendiebstahlsdelikten (53 Fälle) zu konstatieren.
Bei den Heranwachsenden ist bei den Leistungserschleichungen und der Straßenkriminalität, jeweils ein Rückgang um 34 Fälle zu verzeichnen. Die Rauschgiftdelikte haben mit 24 Fällen bei den Heranwachsenden die größte Steigerung erfahren.
Die Jugendlichen haben bei Körperverletzungsdelikten insgesamt mit 61 Fällen die größte Steigerung erreicht. Die Körperverletzungsdelikte auf öffentlicher Straße sind hierbei um 11 Fälle gestiegen. Bei Ladendiebstahlsdelikten ist mit 22 Fällen zahlmäßig der größte Rückgang zu feststellen.
Die Fallzahlen der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind leicht gesunken. 157 Fälle hat die Polizei bearbeitet. Das sind 16 weniger als noch im Vorjahr. Darunter fallen 26 Vergewaltigungen beziehungsweise sexuelle Nötigungen, 18 exhibitionistische Handlungen, 36 Fälle von Kindesmissbrauch und 24 Taten von Verbreitung pornografischen Schriften. Extra aufgeführt sind 41 Fälle von sonstigen sexuellen Nötigungen.
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind in der Mehrheit Beziehungstaten. Opfer und Täter kennen sich oder sind gar miteinander verwandt. Das Fallzahlenaufkommen ist maßgeblich vom Anzeigeverhalten der Geschädigten abhängig. Erfahrungsgemäß ist von einem hohen Dunkelfeld auszugehen, so Kriminaldirektorin Stephan.
Im vergangen Jahr sind 73 Polizeibeamte angegriffen worden. Das sind fünf Widerstandshandlungen weniger als noch 2015. Die Widerstände wurden in der Mehrzahl durch männliche Täter, die sich zudem in einem berauschten Zustand befanden, im Rahmen einer Festnahmesituation begangen. Als Tatzeit wurden vermehrt das Wochenende und die Nachtzeit festgestellt.
Um Angriffe auf Polizeivollzugsbeamte und unbeteiligte Dritte zu verhindern, wurde im Jahr 2016 die Einsatzhäufigkeit von Body-Cams weiter intensiviert. „Die Polizisten führten Body-Cams an insgesamt 67 Einsatztagen mit. Im Rahmen der Einsätze „Sichere Innenstadt und Kulturpark“ führten die Unterstützungskräfte der Hessischen Bereitschaftspolizei an den Wochenenden und vor Feiertagen jeweils eigene Body-Cams mit“, berichtete Knapp.
„Zu gezielten Angriffen gegen die Kamera führenden Beamten kam es hierbei nicht. Bereits seit November 2015 ist neben der Bildaufnahme auch die Tonaufnahme gesetzlich geregelt und an den Body-Cams eingerichtet“, schilderte der Polizeidirektor.
Obwohl die Zahl der Übergriffe auf Polizisten etwas zurückgegangen ist, verzeichnen die Beamten eine Grundaggressivität gegenüber ihrer Person. „Es kommt immer häufiger vor, dass Kollegen verbal angegriffen werden“, schilderte der Polizeidirektor.
Vor allem alte Menschen sind beliebte Opfer von Trickbetrügern. Diese Sparte der Kriminalität hat im letzten Jahr deutlich zugenommen. Die Polizei Wiesbaden hat 83 Fälle des sogenannten Trickbetrug registriert - vier Taten waren erfolgreich. Dabei haben die Täter über 3 Million Euro erbeutet. Zwei der Opfer waren sehr vermögend. Diese haben viel zu spät bemerkt, dass sie hinters Licht geführt wurden.
Auch bei den Trickdiebstählen, darunter zählt der Enkeltrick oder auch der falsche Polizeibeamte, ist eine Steigerung zu verzeichnen. 178 Fälle sind der Polizei bekannt, dabei fielen 19 Senioreninnen und Senioren den Geschichten und Ablenkungsmanövers zum Opfer. Die Erbeutete Summe beträgt rund 445.000 Euro. Das älteste Opfer war 97 Jahre.
Infolge des demografischen Wandels und immer neuer Tatbegehungsweisen zum Nachteil von Senioren, gewinnt der Schutz von Menschen dieser Altersgruppe immens an Bedeutung.
Im Verlauf des Jahres 2016 wurde ein Konzept zur opferorientierten Kriminalitätsbekämpfung entwickelt, nach dem Straftaten zum Nachteil älterer Menschen, sogenannte SÄM-Delikte, regional im Rahmen einer Arbeitsgruppe, der AG SÄM, bearbeitet werden.
Unter dem Begriff SÄM werden verschiedene Vermögensdelikte aus dem Bereich des Diebstahls und Betrugs zusammengefasst, die sich gezielt an diese Opfergruppe richten. Die AG-SÄM ist zum 1. Januar 2017 in den Wirkbetrieb übergegangen.
„Aufgrund der hochprofessionell konspirativen Vorgehensweise der Täter und
Tätergruppierungen, mit fortwährend neuen Tatbegehungsweisen, ist es gerade für diese Altersgruppe zum Teil schwierig zu erkennen, dass sie Opfer einer Straftat werden beziehungsweise geworden sind“, so Stefan Müller.
Durch die zum Teil hohen Schadenssummen kommt noch eine gewisse Scham der Opfer hinzu, was das Anzeigeverhalten maßgeblich beeinflusst. Es wird daher insgesamt von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen.
Auffallend ist hierbei, dass der etablierte Enkeltrick in der Tatausführung angepasst und erweitert wurde. In einigen Fällen wurde eine Kombination aus Enkeltrick unterstützend durch den Trickbetrug „Falscher Polizeibeamter“ angewandt.
Von den insgesamt 23.276 Straftaten 2016 in Wiesbaden, wurden 880, bei der mindestens ein Zuwanderer als Tatverdächtiger beteiligt war, verübt. 2015 war das 802 Fälle (+ 8,85 Prozent im Vorjahresvergleich). Anteilig am Gesamtstraftatenaufkommen, wurden 3,79 Prozent der Gesamtstraftaten durch Zuwanderer begangen, im Jahr 2015 lag der Anteil bei 3,32 Prozent.
In der näheren Betrachtung der durch Zuwanderer begangenen Gesamtstraftaten, ist eine Verschiebung der Gewichtung hinsichtlich der ausländerrechtlichen Verstöße zu erkennen. Die Zahl der Straftaten ohne ausländerrechtliche Verstöße beläuft sich auf 634. Ein Jahr zuvor, waren es nur 281 Verbrechen. Die Fallzahlen der ausländerrechtlichen Verstöße sind hingegen um 275 Fälle, auf 246 zurückgegangen, was einer Reduzierung um 52,8 Prozent entspricht.
Die Delikte im Einzelnen. Gegen das Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz beziehungsweise Freizügigkeitsgesetz wurde am meisten Verstoßen. 246 Fälle sind polizeilich ermittelt worden. Im Vorjahresvergleich ist ein Rückgang der Fallzahlen dieser Straftaten um 250 zu verzeichnen. Das zweitgrößte Fallaufkommen weisen die Vermögens- und Fälschungsdelikte auf. Hier wurden mit 136 Straftaten (+59 Prozent im Vergleich zu 2015) insbesondere Beförderungserschleichungen registriert.
Bei Diebstahlsdelikten sind die Fallzahlen insgesamt um +68 Fälle auf 183 (+37,16 Prozent) gestiegen. Ladendiebstahlsdelikte bilden hiervon mit 147 Straftaten (+46,9 Prozent) den Schwerpunkt.
Bei den Rohheitsdelikten ist das Fallaufkommen signifikant um +70,5 Prozent auf 149 Straftaten angewachsen. Die Körperverletzungsdelikte bilden mit 136 Straftaten den Schwerpunkt. Anteilig wurden durch Zuwanderer 5,2 Prozent der insgesamt in Wiesbaden registrierten 2.628 Körperverletzungsdelikte begangen.
Die Fallzahlen der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind laut der Statistik um 12 Fälle auf 15 gestiegen. In der Gesamtbetrachtung wurden 9,5 Prozent der insgesamt in Wiesbaden begangenen 157 Sexualdelikte durch Zuwanderer begangen.
Insgesamt 739 Zuwanderer konnten als Tatverdächtige ermittelt werden. Den Schwerpunkt der tatverdächtigen Zuwanderer stellen afghanische Staatsangehörige dar, gefolgt von syrischen. Diesen schließen sich Tatverdächtige aus Algerien, Iran, Irak, Somalia und Eritrea an.
Die im Jahr 2016 durch die “AG Flüchtlinge“ erarbeitete Konzeption „Dialog mit
Zuwanderern/Vertrauensbildung“ wurde in der hessischen Landeshauptstadt durch die Migrationsbeauftragten umgesetzt.
Hierzu wurden im vergangenen Jahr 23 Veranstaltungen durchgeführt, bei denen rund 1.600 Zuwanderern die Aufgaben und Zuständigkeiten der Polizei näher gebracht wurden. Dadurch konnte das Vertrauen in die Polizei verbessert und vorhandene Ängste genommen werden. Die Konzeption wurde um das Thema „Häusliche Gewalt und Gewalt im sozialen Nahraum“ ergänzt, welches sukzessiv umgesetzt und im Jahr 2017 fortgeführt wird. Die bisherigen Präventionsveranstaltungen wurden vorwiegend in syrischer und afghanischer
Sprache durchgeführt.
Polizeidirektor Hans Knapp der alle Straftaten in der Stadt im Blick hat, zieht ein eindeutiges Fazit: „Zuwanderer sind nicht krimineller als Deutsche“. Das belegen auch die Zahlen aus der Statistik.
Wiesbaden ist etwas sicherer geworden. Das kann man nach der Auswertung klar sagen. Das hat auch Wiesbadens Polizeidirektor Knapp zum Schluss noch mal betont: „Die Sicherheit auf Wiesbadens Straßen ist sehr sehr hoch. Dazu haben auch die vermehrten Kontroll- und Präventionsmaßnahmen beigetragen.“
Das unterstreicht auch die höchste Aufklärungsquote seit 10 Jahren. 61,4 Prozent aller Delikte konnten gelöst werden.
Die Polizei Wiesbaden sieht sich auch zu der aktuellen Sicherheitslage bezüglich der Terrorgefahr nach dem Anschlag in Berlin Anfang Dezember 2016 gut aufgestellt. Bei Großveranstaltungen gibt es ein neues Konzept, das für die Sicherheit der Besucher sorgt. Beim Sternschnuppenmarkt, dem Jahreswechsel und beim Fastnachtumzug wieder dieses bereits umgesetzt - mit positivem Resümee. Es verlief alles ruhig und ohne großen Vorkommnisse.
„Wir werden auch 2017 weitermachen wie letztes Jahr. Das geht nur mit motivierten Mitarbeitern, deshalb möchte ich mein Dank an alle Polizeibeamtinnen und Beamten aussprechen“, schließt Polizeipräsiden Stefan Müller die Vorstellung der Kriminalitätsstatistik ab.
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Symbolfoto