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Die CityBahn kostet Geld, viel Geld. Allein für den Bau werden aktuell 426 Millionen Euro veranschlagt, auf den Wiesbadener Streckenabschnitt entfallen davon 288 Millionen Euro. Der größte Teil der Kosten soll allerdings von Bund und Land getragen werden, denn Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende will „ein Stück vom Kuchen“ – einen Teil der Fördermittel – für sein "Herzensprojekt" abhaben. In Wiesbaden wird bereits seit längerem über Sinn und Nutzen der Straßenbahn diskutiert. In eineinhalb Wochen entscheidet sich dann, ob die Bahn gebaut werden soll oder nicht. Viele Zahlen, Fakten, Behauptungen und Studien sind bislang veröffentlicht worden – die einen sprechen für, die anderen gegen das umstrittene Verkehrsprojekt für Wiesbaden, Mainz und den Rheingau-Taunus-Kreis. Am Mittwoch, 21. Oktober, wurde nun von der CityBahn GmbH mit wissenschaftlicher Hilfe eine weitere Studie vorgestellt, die sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit der Betrieb einer Straßenbahn unter dem Namen CityBahn auf die Entwicklung von Geschäften, Kundenstämmen und Immobilienwerten Einfluss hat.
Die Studie trägt den Titel "Wirtschaftliche Effekte durch die CityBahn für die Region WI-RTK-MZ“ und hat in den drei Teilbereichen "Potenzial für Kundenkontakte", "Gewinn an Attraktivität" und "Veränderungen der Immobilienwerte" direkt nachweisbare Effekte der CityBahn untersucht. Dabei setzt die Studie auf eine Analyse vieler Städte weltweit, die bereits schienengebundenen Nahverkehr betreiben.
Der Einzelhandel in Wiesbaden konnte seine Verkaufsflächen zwischen 2009 und 2014 um zehn Prozent steigern – entgegen dem Trend, abnehmender Kundenzahlen im lokalen Einzelhandel. Das bedeutet, dass die Händler in der Landeshauptstadt mehr Kaufkraft sowie zusätzlichen Umsatz aus der Region in die Stadt holen konnten. Mit je 30 Prozent Anteil sind Einkaufs- und Freizeitwege die beiden häufigsten Gründe für zurückgelegte Wege in Wiesbaden. In 49 Prozent wird auf ein eigenes Fahrzeug zurückgegriffen. Rund 17 Prozent bevorzugen öffentliche Verkehrsmittel.
Das Urteil, dass Personen, die ihr eigenes Fahrzeug für eine Stadtfahrt nutzen, mehr Umsatz machen als Käufer, die mit dem Nahverkehr kommen, sei nach dieser Analyse so nicht mehr haltbar, heißt es in der Studie. Der Einkaufswert beider Gruppen pro Woche sei fast gleich. Zusätzlich werde die Bedeutung von Parkplätzen für die Umsatzhöhe im Einzelhandel oft überbewertet.
Die Einführung einer schienengebundenen öffentlichen Verkehrslinie (SGÖV) könne eine Gruppe von 20 Prozent zum Umstieg auf dieses Verkehrsmittel bewegen. Eine Modell-Rechnung mache deutlich, dass die Einführung einer CityBahn eine Steigerung von voraussichtlich rund 2.260 Personen pro Haltestelle und Tag im innerstädtischen Gebiet auslösen würde. Die Zahl sei dabei noch konservativ gerechnet und könne in der Praxis deutlich höher liegen.
Die Studie habe ebenfalls gezeigt, dass eine Stadt durch einen schienengebundenen Öffentlichen Nahverkehr bei harten wie weichen Standortfaktoren zulege. Als harte Faktoren zählen bessere Anbindung und Erschließung von Stadtteilen und Gemeinden. Dadurch könnten Wiesbaden und Mainz in ihrer Rolle als Arbeits- und Einkaufsstädte profitieren. Bad Schwalbach hätte Vorteile als Einkaufs- und Freizeitziel.
In mit Wiesbaden vergleichbaren Städten sei seit der Einführung des schienengebundenen Öffentlichen Nahverkehrs eine Senkung der Arbeitslosigkeit um 3,3 Prozent – innerhalb von sieben Jahren – zu beobachten. Über den Zeitraum 2021 bis 2030 könne von etwa 4.000 zusätzlichen sozialversicherungspflichtigen Personen in der Region WI-RTK-MZ – im Vergleich zu 2020 – ausgegangen werden.
Bei weichen Faktoren werden Effekte wie Verbesserung des Stadtbildes sowie der Lebens- und Aufenthaltsqualität durch den schienengebundenen Öffentlichen Nahverkehr genannt. Die Verkehrssituation beruhige sich, Staus würden reduziert. Auch auf die Bevölkerungsentwicklung und Wohnbautätigkeiten wirke sich der Schienenanschluss positiv aus. Für Wiesbaden könnte ein zusätzliches Bevölkerungswachstum von etwa 10,5 Prozent erreicht werden.
Mobilität und Nahverkehr wirken sich im Allgemeinen positiv auf Immobilienwerde aus. Die Studie habe allerdings gezeigt, dass sich besonders im Zusammenhang mit dem schienengebundenen Öffentlichen Nahverkehr eine Wertsteigerung bei den Immobilien feststellen ließe. Diese sei beim (Neu-)Anschluss an Buslinien deutlich geringer.
Je näher eine Immobilie an einer Schienentrasse liege, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit einer Wertsteigerung. Im kommerziellen Kontext gelte ein Radius von 400 Meter als sehr gut erschlossen. Für Wohnimmobilien werde oft der Radius 1.000 Metern gerechnet. Studien würden zeigen, dass die Nähe zur Haltestelle eine positive Entwicklung des Immobilienwerts bietet.
So könnten sich die Werte von Wohnimmobilien in Wiesbaden ähnlich wie in anderen Städten erhöhen (in Freiburg um 5,1 Prozent, in Karlsruhe bis zu sieben Prozent). „Wiesbaden und der Rheingau-Taunus-Kreis werden auf Basis vergangener lmmobilienwert-entwicklungen als stabile lmmobilienmärkte mit positiven Wachstumspotenzialen gesehen. Da das Projekt CityBahn-Projekt multidimensionaI ist, ist davon auszugehen, dass sich lmmobilienwerte in Wiesbaden und dem RTK im CityBahn-Korridor positiv entwickeln“, so die Schlussfolgerung der Studie. Auf Basis der vergleichenden Recherche wird von einer Wertentwicklung für Immobilien innerhalb des Korridors von drei Prozent ausgegangen.
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Visualisierung: Jan Schlotter