ANZEIGE
Verfolgt man die die Diskussionen nach dem Skandal Report vom Team Wallfraff vom 11. Januar, wird eines sehr schnell deutlich, so richtig verwundert war niemand. Die Zustände an der ehemaligen Vorzeigeklinik waren schon vor dem Verkauf von 49 Prozent der Anteile an die Helios GmbH weit davon entfernt ideal zu sein. Nach 30 Jahren präsentierte sich das Krankenhaus hochverschuldet und mit einem beträchtlichen Sanierungsstau und lag so der Stadt schwer im Magen.
Aufgrund des drohenden Konkurses sah man bei den Regierendenden dringenden Handlungsbedarf. Leider fehlte bei den dann folgenden Entscheidungen die notwendige Kompetenz, um eine nachhaltige und erstklassige Versorgung der Bürger durch die Klinik sicherzustellen.
In einem Brief vom 27. Februar 2012 schrieb der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Wiesbaden Achim Exner, an den damaligen Sprecher des Bündnis für eine kommunale HSK, Michael Forßbohm, dass die Tatsache, dass sich trotz der hohen Verschuldung, private Klinikkonzerne um eine Übernahme oder Beteiligung an der HSK bemühen, ein Beweis für das Potential der Klinik sei. In seinem Brief weist Exner weiter daraufhin, dass in einem von der Stadt beauftragten Gutachten große Mängel bei der Geschäftsführung festgestellt wurden. Pikanter Weise reagierte die Stadt darauf mit einer Verlängerung der hochdotierten Verträge. Diese Aktion dürfen sich Ex-OB Dr. Helmut Müller und der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Detlev Bendel zu gleichen Teilen auf die Fahne schreiben.
Das Verschleudern von Aufsichtsratsgeldern kann man der Helios GmbH nicht mehr vorwerfen. Bereits seit Anfang 2012 zahlt Helios keine Aufwandsentschädigung mehr an die Aufsichtsratsmitglieder und spart damit jährlich 24.800 Euro. Was zunächst positiv scheint, zeigt bei näherer Betrachtung durchaus eine gewisse Problematik. Von den 16 Aufsichtsratsmitgliedern sind sind acht Arbeitnehmervertreter wie der HSK-Betriebsratsvorsitzende Michael Drott. Für die Stadt als Anteilseigner sind vier Mitglieder im Gremium, drei Stadtverordnete von CDU und SPD, sowie der Klinikdezernent Axel Imholz. Vier weitere Mitglieder repräsentieren den Anteilseigner Helios. Die Arbeitnehmervertreter nehmen an den Sitzungen in ihrer Freizeit teil und stechen dafür bei ihrer Arbeit aus. Bei den Managern ist der Aufsichtsratsjob Teil ihres Arbeitsvertrages und wird somit bezahlt.
Liest man die Stellungnahmen der verschiedenen Wiesbadener Oppositionsparteien wird eines schnell klar - alle haben es gewusst beziehungsweise kenne das Problem, aber verhindern konnte es keiner. Kennt man die politischen Prozesse weiß man, dass der Opposition wirklich in vielen Fällen die Hände gebunden sind. Es wundert trotzdem, dass es immer wieder erst einen Anstoß wie den Wallraff Bericht braucht, damit die Parteien lautstark in die Strümpfe kommen oder das Thema mit in ihr Wahlprogramm aufnehmen.
Andererseits, wer im vergangenen Jahr bei der öffentlichen Sitzung der Stadtverordneten erleben durfte, wie bei den Ausführungen der Oppositionsredner zum Thema „Wilhelmstraße 1“die gewählten Volksvertreter selbstgefällig und in Gutsherren Ar t in ihren Stühlen saßen, der weiß um die geringen Möglichkeiten der parlamentarischen Opposition.
In ihrer Presseerklärung fordern die Linken daher: „Wir brauchen gesetzlich festgelegtes Mindestpersonal, so wie es von Gewerkschaften und Verbänden schon lange gefordert wird. Krankenhäuser gehören in öffentliche Hand. Der unverantwortliche Unterbietungswettbewerb privater Betreiber zugunsten von Gewinnen, statt einer angemessenen Personalausstattung und Patientenversorgung, muss dringend gestoppt werden.“
Christiane Hinninger, Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN im Wiesbadener Rathaus, meint dazu: „Der Betriebsrat berichtete schon Anfang 2015 von über 90.000 Überstunden und zahlreichen Arbeitszeitverstößen und Überlastungsanzeigen. Die schwarz-rote Koalition hat bisher aber immer nur achselzuckend darauf verwiesen, dass das sogenannte operative Geschäft bei Helios liege. Offensichtlich wolle man aber weiter den Geschäftspartner Helios schonen“, vermutete Hinninger.
Angesichts der faktisch bestehenden Problemen in den Dr. Horst Schmidt Kliniken, die eindeutig durch den Gewinndruck der Helios GmbH bestimmt werden, ist eine kurzfristige Lösung nicht in Sicht. Auch wenn die Klinik in Teilen zugibt, personell unterbesetzt zu sein und weitere Skandale, wie die seit dem 13. Januar bekannt gewordene Verseuchung von neuen Frühgeborenen auf der neonatologischen Station mit dem MRSA Keim, das Image der Klinik weiter beschädigen, bleibt die Tatsache, dass die Stadt trotz Mehrheitsbeteiligung faktisch in allen wichtigen Bereichen keine Entscheidungshoheit hat.
Übrigens Günther Wallraff wurde am Mittwoch, 13. Januar mit dem Fernsehpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Das ist die wohl die passendste Antwort auf die Kritik an seiner Form des investigativen Journalismus!
P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie Fan Wiesbadenaktuell.de