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Für Freitag haben antifaschistische Aktivisten eine Mahnwache anlässlich des siebzigsten Jahrestages der letzten großen Deportation von Wiesbadener Jüdinnen und Juden angemeldet. Die Veranstaltung beginnt 17:00 Uhr auf dem Vorplatz des Wiesbadener Hauptbahnhof.
Mit dieser Mahnwache wollen die Aktivisten die Erinnerung an die grausamen Geschehnisse zwischen 1933 und 1945 wachhalten. Gleichzeitig wollen sie ermahnen, dass auch heute noch Antisemitismus und Rechtsradikalismus zum Alltag in Deutschland gehören. "Jede Woche wird in Deutschland ein jüdischer Friedhof geschändet und erst vor wenigen Tagen wurde in Berlin ein Rabbiner brutal zusammengeschlagen, weil er Jude ist", sagte Frauke Böhm, die Sprecherin der Gruppe. Sie fügte hinzu: "Da darf die Gesellschaft nicht einfach so zugucken, sondern muss endlich handeln!?"
900 Jüdinnen und Juden wurden aus Wiesbaden deportiert. Am 1. September 1942, also fast genau vor 70 Jahren, war die zweite und letzte große Deportation von Wiesbadener Juden. Etwa 370 Menschen jüdischer Herkunft mussten sich dazu schon am 29. August 1942 in der Wiesbadener Synagoge in der Friedrichstraße einfinden und all ihren Besitz, abgesehen von 50 Reichsmark, warmer Kleidung und ein wenig Handgepäck, abgeben. Am 1. September wurden sie zum Schlachthof am Wiesbadener Hauptbahnhof getrieben und in Waggons gesperrt. Zusammen mit weiteren Juden aus Frankfurt brachten die Nazis sie ins KZ Theresienstadt. Dort erlagen die meisten von ihnen Krankheit, Seuchen und Hunger oder wurden in die nationalsozialistischen Vernichtungslager weitertransportiert.
Insgesamt wurden über 900 Juden aus Wiesbaden deportiert. Von den 3.000 vor der Machtergreifung Hitlers 1933 in der Stadt lebenden Juden waren im Frühjahr 1945 nur noch 20 übrig. Die Hälfte der ehemals hier lebenden jüdischen Menschen fiel der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik zum Opfer, in ganz Europa waren es 1945 über sechs Millionen ermordete Juden.
Archivfoto