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Das wird teuer! Das Stadtschloss ist in die Jahre gekommen. Der Hausschwamm hat sich im Holzgebälk eingenistet und auch der Brandschutz entspricht nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen. „Die starken Beschädigungen durch Schwamm und der Brandschutz nehmen uns in die Pflicht", erklärte Landtagspräsident Norbert Kartmann.
„Die Verantwortung für das Wiesbadener Stadtschloss werden wir in den nächsten Jahren durch die umfassende Sanierung wahrnehmen. Aufgrund des Umfangs der Baumaßnahme werden sich die Arbeiten natürlich auch außerhalb des Landtags bemerkbar machen. Deswegen stehen wir in intensivem Kontakt mit der Stadt Wiesbaden. Wir werden die Auswirkungen für die Anwohner, die anliegenden Gewerbetreibenden und die Veranstaltungen rund um den Hessischen Landtag so gering wie möglich halten“, versicherte Kartmann.
Landtagsdirektor Peter von Unruh erläuterte die Hintergründe und notwendigen Maßnahmen. Während des Zweiten Weltkrieges hatte ein Bombeneinschlag den Ostflügel des Stadtschlosses (gegenüber dem Rathaus) erheblich beschädigt. Infolge der in der Nachkriegszeit nicht fachgerecht durchgeführten Reparatur entwickelte sich in Teilen des Dachstuhls und der Wände durch Eindringen von Feuchtigkeit der holzzerstörende Pilz „Hausschwamm“.
Die Sanierung ist nunmehr erforderlich, weil dieser über viele Jahre unbemerkt schwere Schäden an der Dach- und Deckenkonstruktion verursacht hat. Aus diesem Grund ist eine Erneuerung der Dachkonstruktion notwendig und es müssen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, die sich auch auf das 2. Obergeschoss des Schlosses erstrecken. In diesem Zusammenhang werden auch Teile des Brandschutzes im gesamten historischen Gebäude modernisiert.
Wie der Landtagsdirektor mitteilte, wurde der Bauantrag bei der Stadt Wiesbaden im Dezember 2016 eingereicht und die Genehmigung soll im Laufe des Jahres erfolgen. Die Bauzeit werde voraussichtlich bis Ende 2020 andauern. Für die Sanierungsmaßnahmen sei ein Kostenrahmen von rund 18,1 Millionen Euro ermittelt worden. Der Brandschutz sei mit ca. 6,9 Mio. Euro angesetzt, ca. 11,2 Mio. Euro würden für die Sanierung benötigt.
Die historische Bedeutung des Stadtschlosses in bau- und kunstgeschichtlicher Sicht als wichtiges Zeitzeugnis des Klassizismus in Deutschland einerseits und die aktuelle Nutzung als Gebäudeteil des Hessischen Landtags andererseits machte eine umfassende Bewertung des baulichen Handlungsbedarfes im Vorfeld notwendig.
Bei der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen gelte es regelmäßig dem Spagat zwischen den denkmalpflegerischen Gegebenheiten und der Anwendung modernster bautechnischer und brandschutztechnischer Erfordernisse gerecht zu werden. Dafür mussten in der Planungsphase individuelle Lösungen entwickelt werden.
Die intensive Planung hat zu einem größeren Erkenntnisgewinn bezüglich der konkreten Sanierungsmaßnahmen geführt. Dafür wurde eine umfassende Vorbereitung bis zu der jetzt anstehenden Bauausführung vorgenommen. Die Baumaßnahme erfordert in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen aufgrund der Baugeschichte des Objekts und seiner Lage sowohl eine enge restauratorische als auch archäologische Baubegleitung.
„Bereits im November dieses Jahres werden wir mit der Baumaßnahme starten und im Innenbereich des Stadtschlosses mit der Umsetzung der Brandschutzertüchtigung beginnen“, so der Landtagsdirektor weiter. Ab 2018 beginne die Baustelleneinrichtung für die Dacharbeiten mit der Gerüststellung am Schlossplatz.
Das Baugerüst wird mit einer Gerüstverkleidung verhüllt, damit die Optik des Schlossplatzes nicht beeinträchtigt wird. Der Rückbau der beschädigten Dachkonstruktion soll voraussichtlich im Frühjahr 2018 erfolgen und der Aufbau der neuen Dachkonstruktion ab Herbst 2018 beginnen.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger können sich auch online über den Stand der Arbeiten informieren. Die Links finden Sie in de InfoBox am Ende des Artikels.
Was muss genau am historischen Stadtschloss saniert werden?
Die Hausschwammsanierung beinhaltet:
Technikanbindung der Heizungs-, Kühlung-, Sanitär- und Elektroinstallationen aus dem Kellergeschoß über alle Bereiche der Geschosse.
Die Maßnahmen zur Ertüchtigung des Brandschutzes im gesamten Stadtschloss beinhalten insbesondere:
Welchen Zeitplan gibt es dafür?
Folgende Meilensteine sind für das Projekt gesetzt:
Wie viel soll die Sanierung kosten?
Für die Sanierungsmaßnahmen wurde ein Kostenrahmen von rund 18,1 Millionen Euro ermittelt (Sanierung: 11,2 Mio. Euro / Brandschutzmodernisierung: 6,9 Mio. Euro).
Welche Begleitumstände wird die Sanierung mit sich bringen?
Die Auswirkungen für die Anwohner, die anliegenden Gewerbetreibenden und die Veranstaltungen rund um den Hessischen Landtag sollen so gering wie möglich gehalten werden. Durch die Baumaßnahme am Dach wird für die Zeit der Sanierung ein Baugerüst auf dem Schlossplatz aufgestellt, das mit einer Gerüstverkleidung verdeckt werden wird, damit die Optik des Schlossplatzes nicht beeinträchtigt wird. Die Baustellen Zu- und Abfahrt wird maßgeblich über die Straße An den Quellen erfolgen und der Platz an der Mühlgasse muss teilweise als Baulagerfläche verwendet werden.
„Das Stadtschloss Wiesbaden wurde in den Jahren 1837-41 nach Plänen des Architekten Georg Moller (1784-1852) durch Hofbaumeister Richard Görz erbaut.
Georg Moller, seit 1810 Hofbaudirektor des Großherzogtums Hessen-Darmstadt, muss heute in einem Zuge mit Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) und Leo von Klenze (1784-1864) als einer der drei bedeutendsten Architekten des Klassizismus in Deutschland genannt werden.
Zu seinen wichtigsten Bauten zählen in Darmstadt die St.-Ludwigs-Kirche, das ehemalige Landestheater, der Luisenplatz und das „Moller-Haus“ sowie in Mainz das dortige Staatstheater. Fast alle Bauten Mollers wurden durch Veränderungen und Kriegseinwirkungen stark beschädigt oder zerstört, so dass heute nur noch einige wenige originale Zeugnisse seines Schaffens erhalten sind. Unzweifelhaft zählt hierzu auch das Wiesbadener Stadtschloss, das trotz seiner wechselvollen Geschichte bis heute sowohl seinen äußeren Habitus, als auch seine originale Raumaufteilung und Ausstattung weitestgehend bewahren konnte. Lediglich die jeweiligen Kriegsfolgen der letzten Jahrhunderte führten im Gebäude zu einzelnen Überformungen oder Verlusten der Bausubstanz, die jedoch die Originalität der Gesamtanlage nie veränderten.
Während Schinkel in Preußen und Klenze in Bayern über umfangreiche Mittel zur Umsetzung ihrer Bauvorstellungen verfügten, waren Georg Moller demgegenüber als Baumeister in der Provinz deutliche wirtschaftliche Grenzen gesetzt. Umso bedeutender muss das Werk Mollers und insbesondere der Neubau des Wiesbadener Stadtschlosses heute aus bau- und kunstgeschichtlicher Sicht bewertet werden. Bautypus, Architektursprache, Raumkonzeption, Technologie, Ausstattung und Raumgestaltung weisen das Stadtschloss als einmaliges Zeitzeugnis des Klassizismus in Deutschland aus. Insbesondere die von Moller erdachten Besonderheiten technischer Einzellösungen (Eisenkonstruktionen der Wintergärten und Kuppeln, Ausmalungen auf Papier etc.) sowie die hohe Qualität der Ausstattung (Fußböden, Türen, Vorhänge, Stuckmarmor, Ausmalungen etc.) müssen in dieser Form als herausragend angesehen werden. Klassizistische Raumgestaltungen im pompejanischen Stil sind in der Qualität des Wiesbadener Stadtschlosses in Hessen nur noch im Ballhaus des Schloss Wilhelmshöhe in Kassel zu finden.
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Aktuelle Informationen zu der Baumaßnahme wird der Hessische Landtag auf seiner Internetseite alle Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stellen.
Führungen
Während der Baumaßnahme wird es auch weiterhin ein Angebot für Führungen durch den Hessischen Landtag geben. Die Führungen finden im neuen Plenargebäude statt und ermöglichen auch einen Blick in den historischen Musiksaal, in dem der erste Hessische Landtag 1946 getagt hat. Außerdem enthält die Führung einen virtuellen Rundgang durch das historische Stadtschloss, der auch online zur Verfügung steht.
Fotos: Hessischer Landtag, Kanzlei/LBIH & Wiesbadenaktuell