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Für einen ersten Eindruck braucht das Gehirn laut Forschung nur eine Zehntelsekunde. Ob das auch stimmt, wenn man einen Mensch bereits aus Erzählungen und Medien kennt, also quasi ein Vorurteil hat? Die ersten Sekunden mit Susanne Pöpel hinterlassen vor allem einen Eindruck – hier ist ein Mensch mit sich im Reinen. Sie wirkt offen und zugewandt, was nicht mit Distanzlosigkeit verwechselt werden darf. Fragen beatwortet sie kompetent und man merkt, dass ihre Antworten auf fundiertem Wissen und langjährigen Erfahrungen in der Politik beruhen. Gleicht man das mit den Vorurteilen ab, stellt man (nicht empirisch) fest – Vorurteile können dem Gehirn kein Schnippchen schlagen.
Wenn Sie über Politik spricht, spürt man auch nach 30 Jahren die kompromisslose Leidenschaft die sie antreibt. Wobei das Wort kompromisslos sich nur auf ihre liberale und freiheitliche Einstellung bezieht. Denn um diese Werte zu vertreten, war Pöpel in der Vergangenheit durchaus zu ungewöhnlichen Kompromissen bereit. Sie selbst nennt ihren Weg konsequent. Man kann ihn auch als arbeitsreich, fleißig und zielorientiert bezeichnen. Dieser Arbeit hat sich 30 Jahre lang alles Andere untergeordnet, auch und vor allem die privaten Interessen. Mit ihrem Entschluss, zu den Kommunalwahlen im März 2016 nicht mehr anzutreten, schloss sie ihr offizielles Engagement in der Politik ab. Zurück bleiben 25 Jahre ehrenamtliche Arbeit bis 2012 für die FDP und im Anschluss weitere vier Jahre bis März 2016, als parteilose Stadtverordnete in der Fraktion der Unabhängigen und Freien Wähler.
Das politische Leben von Susanne Pöpel begann 1986, als die damals 19-jährige zu den Jungen Liberalen in Berlin stieß. Die Geschichte wollte es, dass Pöpel Zeitzeugin der Wende und den daraus resultierenden Veränderungen in Deutschland wurde. So ist ihr bis heute präsent, wie sie am 18. März 1990, im Gefolge des damaligen Bundesvorsitzenden der FDP, Otto Graf Lambsdorf, im Palast der Republik die Berichterstattung der ersten und letzten freien Wahlen zur DDR-Volkskammer verfolgte.
In den folgenden Jahren veränderte sich die FDP, Susanne Pöpel folgte der Partei jedoch nicht. Sie wehrte sich gegen den Europa-Kurs der FDP. Sie stand nicht für die Einheitslinie der sich die FDP ihrer Meinung nach CDU, CSU, SPD und Grünen anschloss. Aber am meisten störte sie sich an den frauen- und familienfeindlichen Tendenzen der heutigen FDP, die ganz im Gegensatz zu deren Anfängen mit Gallionsfiguren wie Hildegard Hamm-Brücher,
keinen wirklichen Platz mehr für Frauen zu haben scheint, was Susanne Pöpel auch selbst zu spüren bekam. Die FDP war nicht mehr die Partei von Susanne Pöpel und so trat sie 2012 aus.
Die Lust an der politischen Arbeit war ihr jedoch nicht vergangen und die Stadt Wiesbaden bot nach wie vor eine gigantische Spielwiese, um mit dem Mandat der Stadtverordneten weiterhin für die Wiesbadener Bürger Politik zu gestalten. Denn das ist was Susanne Pöpel will und kann. Dahin gehen wo es anfängt weh zu tun (gerne auch dem politischen Gegner). Themen genau zu beleuchten, die sonst gerne im Hinterzimmer verhandelt werden und Zusammenhänge zu erkennen, um sie den Bürgern in verständlichen Worten darzulegen. Deshalb ging sie einen Kompromiss ein. Zusammen mit Christian Bachmann und Veit Wilhelmy schloss sie sich am 21. Dezember 2012 zu einer Rathausfraktion der Unabhängigen Freien Wähler zusammen und arbeitete weiter an ihren Ideen für Wiesbaden. Zahlreiche bürgernahe Themen standen auf der Agenda der neuen Fraktion. In Erinnerung bleiben wird Pöpel jedoch vor allem für ihre Hartnäckigkeit in Sachen Stadtmuseum und Wilhelmstraße 1.
Gerne hätte die große Koalition unter der Führung von Stadtrat Bendel den Deal ohne Information der Öffentlichkeit durchgezogen. Immer wieder wurden Entscheidungen herausgezögert, um dann andererseits in windeseile Tatsachen zu schaffen. Pöpel ging das Thema pragmatisch an. Mit der Frage cui bone? Wem nutzt es? Fing sie an die Doppelhelix des Hin und Her zwischen der OFB und der Stadt aufzudröseln. Als Diplom-Kauffrau arbeitete ehemalige Stipendiatin der Friedrich-Naumann-Naumann-Stiftung bundesweit in verschiedenen Wirtschaftsprüfungskanzleien und hatte mit diesem Wissen ein mächtiges Werkzeug zur Verfügung, als sie am 2. Februar 2016 gemeinsam mit den Grünen Akteneinsicht in die Vertragsverhandlungen zwischen der Stadt Wiesbaden und er OFB erhielt.
Das Ergebnis: Der Verkauf des Grundstücks Parkhaus Rhein-Main-Hallen / Wilhelmstrasse war vorab nicht auf seine vermögensrechtlichen Folgen hin untersucht worden. Laut Pöpel hat „der mit der OFB geschlossene Vergleich Wiesbaden schweren Schaden zugefügt – und zwar zum großen Vorteil eines privaten Investors. Ein von Pöpel beauftragtes Wertgutachten erhärtet diesen Verdacht. Statt von den von der Stadt genannten Überschuss (nach Abzug aller anfallenden Kosten) von sieben Millionen, kommt das Gutachten zu einem Erlös von 20 Millionen. Ein Bebauungsplan für das gesamte Grundstück (inklusive dem Teil der Commerzbank) sowie eine öffentliche Ausschreibung des Projekts hätte vermutlich zu einem noch größeren Gewinn geführt. Die Antwort auf die Frage, warum das nicht stattgefunden hat bleibt bis heute von den Verantwortlichen unbeantwortet.
Aufgrund der Erkenntnis, dass der Stadtkasse durch die Vorgehensweise der Verantwortlichen mehr als 13 Millionen entgehen werden, veranlasste die UFW im März 2016 Strafantrag wegen Verdachts der Amtsuntreue zu stellen. Die Wiesbadener Staatsanwaltschaft ermittelt und überprüft, ob der Kaufpreis zu niedrig gewesen ist. Auch ohne Mandat wird Susanne Pöpel den Fortgang in Sachen Wilhelmstraße 1 und auch den anderen Themen im Auge behalten,
Für ihre persönliche Zukunft stehen jedoch andere Schwerpunkte auf der Agenda. Der Chef der hessischen Staatskanzlei Axel Wintermeyer sagte neulich beim Kamingespräch des WirtschaftsForum Wiesbaden, dass ein Politiker stets unabhängig ist, wenn im Hintergrund eine andere berufliche Laufbahn auf ihn wartet, der ihm im Anschluss an die Karriere den Lebensunterhalt sichert. Nur so sei es möglich freie und unabhängige Entscheidungen zu treffen. Das gilt auch für Susanne Pöpel. Sie konzentriert sich in der Zukunft auf ihr Steuerbüro. Wie in ihrer politischen Laufbahn kümmert sie sich auch hier ganzheitlich um ihre Mandanten. Ihr Focus liegt auf der steuerlichen Lebensplanung, ganz gleich ob jemand am Anfang, in der Mitte oder im letzten Drittel seines steuerlichen Lebens steht.
Der Wegfall der politischen Ämter macht Susanne Pöpel zur Privatperson. Als Mutter von zwei heranwachsenden Söhnen betrachtet sie ihre neue Situation als Geschenk und genießt es, keine Politikerin mehr zu sein. Man möchte ihr glauben, dass dies so ist, aber man wünscht sich mehr Menschen wie sie in der Politik, die mit freiem Geist und frei von Parteienproporz versuchen, unsere Gesellschaft mitzugestalten. Mit Spaß an sachlicher Diskussion und an den passenden Stellen schmerzfrei, weil an die Sache glaubend.
Susanne Pöpel hinterlässt Spuren in der Wiesbadener Politik und große Fußstapfen, in die so leicht keiner treten wird. Es wird Politiker geben die sich darüber freuen, dass der Stachel aus ihrem Fleisch gezogen wurde. Wer kann jetzt diesen Job übernehmen? Wiesbadenaktuell.de wird darüber berichten, wenn es - hoffentlich - dazu kommt.
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Foto: Sonja Thomas