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Rund zweieinhalb Jahre ist es her, dass Betrugsvorwürfen und überhöhten Gehälter bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Hessen bekannt wurden. Jetzt hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main eine weitere Anklage in dem Komplex erhoben.
Dem Wiesbadener Sozialdezernenten Christoph Manjura wird Beihilfe zur Untreue im besonders schweren Fall vorgeworfen. Gegen den SPD-Politiker laufen mehrere Ermittlungen.
Manjura, damals Stadtverordneter, soll demnach im April 2015 mit der ehemaligen Geschäftsführerin des Wiesbadener Awo-Kreisverbands vereinbart haben, ihm auf der Grundlage von zwei Arbeitsverhältnissen, für die er jedoch nicht hätte arbeiten müssen, monatlich Gehalt zu zahlen.
Dem Angeschuldigten sollte demnach ermöglicht werden, sich voll und ganz seiner Tätigkeit in der Stadtverordnetenversammlung zu widmen. Die ehemalige Awo-Geschäftsführerin Hannelore Richter soll im Gegenzug erwartet haben, dass der Politiker die Interessen des Wohlfahrtsverbands bei der Ausübung seiner kommunalpolitischen Funktionen berücksichtige.
Manjura war laut Anklage als Referent der Geschäftsführung des Awo-Kreisverbands vorgesehen. Die geschuldete Arbeitsleistung von 30 Wochenstunden soll er während seines rund zweijährigen Beschäftigungszeitraums jedoch nicht annähernd erbracht haben. Dem Kreisverband entstand dadurch laut Anklagebehörde ein Schaden von über hunderttausend Euro.
Den Angaben zufolge bestand zudem ein weiteres Arbeitsverhältnis über die geringfügige Beschäftigung des Manns als Betreuer in einem Altenpflegezentrum. Dabei soll es sich jedoch um ein reines Scheinarbeitsverhältnis gehandelt haben.
Der ausgezahlten Vergütung von rund 9.400 Euro habe keinerlei Arbeitsleistung des Angeschuldigten gegenübergestanden. Dem Arbeitgeber, ein Förderverein des Altenpflegezentrums, soll dadurch ein Schaden von rund zwölftausend Euro entstanden sein.
Bezüglich des Verdachts der Mandatsträgerbestechlichkeit besteht laut Generalstaatsanwaltschaft kein zur Anklageerhebung hinreichender Tatverdacht. Die Ermittlungen hätten keinen Nachweis dafür ergeben, dass das Abstimmungsverhalten des Stadtverordneten von den Geldzahlungen aus den Arbeitsverhältnissen beeinflusst worden wäre.
Das Wiesbadener Landgericht muss nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden. Die gegen den Politiker wegen des weiteren Tatvorwurfs der Verletzung des Dienstgeheimnisses gesondert geführten Ermittlungen dauern an.
Die Rathausfraktion BLW/ULW/BIG hat bereits im April diesen Jahres gefordert, dass der Sozialdezernent Christoph Manjura seine Ämter bis zum Abschluss der Untersuchungen ruhen lässt. Nun wird die Forderung dringlicher.
„Selbst wenn über die Zulassung der Klage noch nicht entschieden ist und somit die Frage der strafrechtlichen Relevanz der Anschuldigungen noch nicht geklärt ist, ist die Tatsache, dass die AWO, finanziert aus Mitteln der Stadt, offenbar Manjuras politische Kariere gesponsert hat, aus unserer Sicht alleine schon Anlass genug Herrn Manjura nochmals aufzufordern seine Ämter ruhen zu lassen“, meint Renate Kienast-Dittrich die Vorsitzende der Fraktion BLW/ULW/BIG.
„Wie auch immer die Sache juristisch ausgeht, moralisch schadet Christoph Manjura mit jedem weiteren Tag im Amt dem Ansehen der Landeshauptstadt Wiesbaden.“
„Die massiven Vorwürfe, denen Dezernent Manjura ausgesetzt ist, schaden nicht nur ihm, sondern der ganzen Landeshauptstadt. Diesen Schaden gilt es von Wiesbaden abzuwenden, da wir hier keine Verhältnisse wie in Frankfurt am Main dulden werden. Diese Vorwürfe müssen so schnell wie möglich, vollumfänglich und lückenlos aufgeklärt werden“, so Daniela Georgi, die Fraktionsvorsitzende der CDU-Rathausfraktion.
Der Kreisvorsitzende der CDU Wiesbaden, Ingmar Jung, betont in diesem Zusammenhang: „Im Rechtsstaat gilt für den Angeklagten aus guten Gründen die Unschuldsvermutung. Allerdings ist den Wiesbadenerinnen und Wiesbadenern nicht zuzumuten, dass eine Person ausgerechnet das Sozialdezernat leitet, die im Verdacht steht, sich im System Richter in krasser Weise selbst bedient zu haben.
Deswegen sollte der Stadtrat seine Amtsgeschäfte, zumindest während des Verfahrens, ruhen lassen. Sollte er hierzu nicht bereit sein, muss die Kooperation handeln und Oberbürgermeister Mende von seinem Dezernatsverteilungsrecht Gebrauch machen“.
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Foto: Angelika Aschenbach