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Hessens Innenminister Peter Beuth und Hessens Justizminister Roman Poseck setzen sich für strafrechtliche Verbesserungen zum Schutz von Einsatzkräften ein. Innenminister Peter Beuth wird eine entsprechende Initiative in die Innenministerkonferenz einbringen, die sich für eine Verschärfung des Strafrahmens bei Angriffen aus einer Gruppe heraus sowie für einen verbesserten Identitätsschutz bei Videoaufnahmen ohne Einverständnis stark macht.
Auch die anstehende Justizministerkonferenz wird sich mit einem Antrag aus Rheinland-Pfalz befassen, der dieselbe Stoßrichtung verfolgt. Sowohl auf der bevorstehenden Justizministerkonferenz (25. bis 26. Mai 2023 in Berlin) als auch auf der Innenministerkonferenz (14. bis 16. Juni in Berlin) werden sich die beiden hessischen Minister hierfür aussprechen.
„Jeden Tag engagieren sich in Hessen Tausende Menschen haupt- oder ehrenamtlich als Einsatzkraft bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Sie sorgen mit ihrem Engagement dafür, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger auf Schutz, Sicherheit und Hilfe im Notfall verlassen können. Diese für unsere Gesellschaft existenziell wichtige Arbeit benötigt die volle Unterstützung unserer Gesellschaft. Im großen Gegensatz dazu stehen Angriffe auf Einsatzkräfte. Wir müssen deshalb deutlich machen, dass Tätlichkeiten und Drohungen gegen Einsatzkräfte abstoßende Taten sind. Denn sie sind immer auch Angriffe auf die Gesellschaft als Ganzes. Der Rechtsstaat muss auf solche Angriffe konsequent und konsistent reagieren“, so Hessens Innenminister Peter Beuth.
Hessen hat sich bereits in Vergangenheit erfolgreich für eine Strafverschärfung bei tätlichen Angriffen gegen Einsatzkräfte eingesetzt. Allerdings sollte das Mindeststrafmaß bei tätlichen Angriffen auf Einsatzkräfte von den seither etablierten drei auf die von Anfang an von Hessen geforderten mindestens sechs Monate erhöht werden, damit kein Täter mit einer Geldstrafe davonkommen kann.
Zudem hat sich in verschiedenen Krawallnächten immer wieder gezeigt, dass sich randalierende Gruppen untereinander gegen die Einsatzkräfte solidarisieren. Polizei, Rettungskräfte und Feuerwehrleute stehen dann einem wütenden Mob gegenüber der gezielt den Rechtsstaat angreift. Deshalb sollten solche besonders verwerflichen und gefährlichen Angriffe aus einer Gruppe heraus nicht mehr wie aktuell mit einer Geldstrafe abgegolten werden können. „Auch hier brauchen wir eine klare Botschaft des Rechtsstaats: Wer Einsatzkräfte angreift, muss mit einer Gefängnisstrafe rechnen“, erklärte Beuth.
Konkret haben die beiden Initiativen auf der Justiz- und Innenministerkonferenz eine Anpassung des Strafrahmens für die täterschaftliche Begehung des Landfriedensbruchs (§ 125 Strafgesetzbuch; Landfriedensbruch) im Blick, wenn aus einer Gruppe heraus ein Angriff auf die in § 114 Strafgesetzbuch genannten Personen erfolgt.
Rheinland-Pfalz hat in die Justizministerkonferenz bereits eine Anpassung der Strafrahmen des §125 Strafgesetzbuch mit dem Strafrahmen des § 114 StGB (“Angriff auf Vollstreckungsbeamte“) eingebracht. Hessen unterstützt diesen Vorstoß und spricht sich dafür aus, dass der Strafrahmen jeweils auf eine Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsentzug angehoben wird. Bislang sieht der §125 StGB als Mindeststrafmaß eine Geldstrafe und der §114 einen dreimonatigen Freiheitsentzug vor, der wiederum häufig in eine Geldstrafe umgewandelt werden kann. Bei einem Mindeststrafmaß von sechs Monaten wäre eine solche Umwandlung in eine Geldstrafe ausgeschlossen.
„Die letzte Silvesternacht in Berlin und etliche weitere erschreckende Angriffe aus Gruppen heraus haben uns vor Augen geführt, dass wir die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Schutz unserer Einsatzkräfte weiter verbessern müssen. Eine Anpassung des Strafrahmens bei der täterschaftlichen Begehung halte ich daher für den richtigen Weg. Um jene besser zu schützen, die uns alle schützen, werden wir uns auf der Justiz- sowie auf der Innenministerkonferenz gemeinsam für einen besseren strafrechtlichen Schutz unserer Einsatzkräfte starkmachen. Ich werde die Initiative meines Kollegen aus Rheinland-Pfalz aus voller Überzeugung unterstützen“, so Roman Poseck.
Immer häufiger sehen sich Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten der Situation ausgesetzt, dass ihr im nichtdienstlichen Kontext gesprochenes Wort per Videoaufnahme aufgezeichnet und ohne ihr Einverständnis im Internet veröffentlicht wird. Damit einhergehend können diese Vervielfältigungen zur Veröffentlichung des Familiennamens und Wohnortes und damit zu Bedrohungen führen. Vor diesem Hintergrund unterstützen Hessens Justiz- und Innenminister einen Vorschlag aus Rheinland-Pfalz, die in Frage kommenden Straftatbestände (bspw. die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 Strafgesetzbuch) zu erweitern, wenn es sich bei der Videoaufzeichnung um ein nicht öffentlich gesprochenes Wort handelt.
Solche Eingriffe werden bis dato nur auf Antrag der jeweils benachteiligten Person verfolgt, die damit ihre persönlichen Adressdaten dem Täter übermitteln muss. In diesem Zusammenhang und aus Fürsorgepflicht gegenüber der Einsatzkraft soll künftig dem Dienstvorgesetzten ein Strafantragsrecht eingeräumt werden. So könnte der persönliche Schutz von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften und deren Familien deutlich verbessert werden.
Seit vielen Jahren setzt sich die Hessische Landesregierung für einen verbesserten Schutz von Einsatzkräften in Deutschland ein. Hessen hatte bereits 2015 über eine Initiative im Bundesrat gesetzliche Regelungen angestoßen. Im April 2017 schließlich wurde die Initiative bundesweit im Strafgesetzbuch umgesetzt.
Das „Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“ droht bei tätlichen Angriffen auf Polizistinnen und Polizisten, ermittelnde Staatsanwältinnen und -anwälten, andere Sicherheits- oder Rettungskräften seither mit bis zu fünf Jahren Haft, die Mindeststrafe beträgt drei Monate.
Seit vielen Jahren steigen die Angriffe auf Einsatzkräfte kontinuierlich an. Die Zahl der Übergriffe gegen Polizistinnen und Polizisten ist im Vergleich zum Vorjahr 2021 mit 4.916 registrierten Opferzahlen erfreulicherweise um 205 Opfer auf 4.711 zurückgegangen. In 1.953 Fällen wurden Polizeibeamte Ziel tätlicher Angriffe. Die Opferzahl von Angriffen auf Rettungskräfte (2021: 138) stieg auf 151 an. Auch elf Feuerwehrleute meldeten im vergangenen Jahr Übergriffe.
Die Mehrzahl der für den Polizeialltag typischen Widerstandshandlungen entstehen aus niedrigschwelligen Kontrollsituationen von alkoholisierten Personen oder auch Personengruppen im städtischen Bereich. Das Verhindern von Konflikten und der professionelle Umgang bei sich aufschaukelnden Prozessen ist eine große Herausforderung im alltäglichen Dienst der Beamtinnen und Beamten. Sie werden daher bereits im Rahmen des Polizeistudiums und weiteren Fortbildungen professionell geschult, möglichen Gewaltsituationen deeskalierend entgegenzutreten.
Im Jahr 2016 wurden alle hessischen Polizeipräsidien mit der Body-Cam ausgestattet, um die Einsatzkräfte im Dienst noch besser vor Übergriffen zu schützen. Alleine im Jahr 2020 hat das Land Hessen genau 400 und 2021 mehr als 300 weitere Body-Cams beschafft und an die Polizeipräsidien verteilt, sodass sich aktuell rund 1.000 Body-Cams bei der hessischen Polizei im Einsatz befinden. Über diese technische Innovation konnten bereits mehrere hundert Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte, Verstoßes gegen das BtMG und das Waffengesetz, wegen Körperverletzung, Diebstahls, Beleidigung, Sachbeschädigung, Trunkenheit im Straßenverkehr, Landfriedensbruchs und Brandstiftung rechtssicher eingeleitet werden.
Vorrangiges Ziel des Einsatzes ist es, die im Rahmen von brennpunktorientierten Maßnahmen eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamte – vorwiegend des Wach- und Wechseldienstes, vor gewalttätigen Übergriffen zu schützen und in diesem Zusammenhang Straftaten rechtssicher aufzeichnen zu können. Gleichzeitig tragen sie erfahrungsgemäß zur Deeskalation von Kontrollmaßnahmen bei.
Bereits 2015 hat das hessische Innenministerium die Aktion „Schutzschleife“ ins Leben gerufen, die seitdem um mehr Rückendeckung für Polizistinnen und Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte wirbt. Trägerinnen und Träger der Schutzschleife solidarisieren sich öffentlich mit den Einsatzkräften, demonstrieren symbolisch ihre Verbundenheit, ihren Dank und ihre Wertschätzung. Auch andere Bundesländer wie das Saarland, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben die Schutzschleife übernommen. In den Farben Blau, Rot und Weiß gehalten, steht sie für die Polizei-, Feuerwehr- und Rettungskräfte. Bisher wurden rund 150.000 Schutzschleifen verteilt.
Seit Februar 2019 gibt es in Hessen ein landesweites Meldesystem, welches unter Mitwirkung von nichtpolizeilichen Einsatzkräften auf freiwilliger Basis auch Bedrohungen und Attacken erfassen kann, die nicht zur Strafanzeige gebracht wurden. Je mehr die Sicherheitsbehörden über die verschiedenen Formen von Gewalt gegenüber Einsatzkräften in Erfahrung bringen können, desto besser können passgenaue Präventionsangebote für die Helferinnen und Helfer entwickelt werden.
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Symbolfoto