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Das Großfeuer der alten Lagerhalle des Holzhandelunternehmens Blum in der Nacht zum Dienstag hat die Gemüter Wiesbadens ordentlich aufgebracht. Es gibt viele Spekulationen darüber, wie das Feuer im Künstlerviertel entstanden ist und ob es mit der Baustoppklage des Unternehmers von 2009 zusammenhängt.
Gegen 1:00 Uhr nachts stand das alte 1.300 Quadratmeter große Lagergebäude, das aus einer Holzkonstruktion bestand, auf dem Holzhandelgelände in der Königsteiner Straße/Ecke Homburger Straße lichterloh in Flammen und brannte binnen Minuten komplett herunter. Über 130 Mitarbeiter der Wiesbadener Berufsfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehren aus Dotzheim, Stadtmitte, Frauenstein, Schierstein, Erbenheim, Hofheim, Eltville, Mainz und Biebrich waren bis zum Vormittag damit beschäftigt, den meterhohen Flammen Herr zu werden und die umgebenden Anwohnergebäude zu schützen.
Am Vormittag wurden die Einsatzkräfte durch Helfer aus Hessloch, Igstadt, Nordenstadt und Rambach abgelöst, wobei das Feuer dann größtenteils gegen 12:30 Uhr gelöscht war, aber immer noch schwelte. Mit einem großen Kettenbagger schichtete man das Holz um und verschaffte sich so besseren Zugang zu den Glutnestern, um neue Flammenbildung zu verhindern. Unterstützend zum Löschwasser hat die Feuerwehr einen speziellen Löschschaum eingesetzt, der die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzt und damit in den Brandschutt besser eindringen kann. Bis 16:00 Uhr dauerten die Nachlöscharbeiten am Dienstag an. Unterstützende Kräfte aus den Freiwilligen Feuerwehren der Vororte besetzten mit circa 70 weiteren Helfern die Feuerwachen während des 15-stündigen Großeinsatzes im Künstlerviertel. Alles in allem ist wohl zu sagen, dass hier hervorragende Arbeit geleistet wurde.
Der enorm hohe Wasserverbrauch während der Löscharbeiten in der Nacht überlastete die Leitungen in der Homburger Straße und wurde mit zwei leistungsfähigen Leitungen aus der Dotzheimer Straße und dem Konrad-Adenauer-Ring unterstützend via Schlauchleitungen ausgeglichen. Nun konnte man dem Feuer mit dem Löschwasser, das mit 15.000 Litern pro Minute aus den Schläuchen schoss, entgegenwirken. Die Schlauchbrückungen erlahmten in den Morgenstunden den Berufsverkehr, weswegen es kurzfristig zu Staus kam. Ab circa kurz vor 8:00 Uhr waren die beiden Straße wieder uneingeschränkt nutzbar. Die, während der Nacht gesperrten Homburger Straße, konnte erst gegen Mittag wieder freigegeben werden.
Anwohner waren nach Eintreffen der Einsatzkräfte aus ihren Häusern vorsorglich evakuiert worden und konnten erst in den frühen Morgenstunden in ihre Häuser zurückkehren. Die Sorge, dass das Feuer auf die angrenzenden Gebäude in der Königsteiner und Homburger Straße übergeht, war groß. Durch die schnelle Aufnahme der Löscharbeiten der Feuerwehren konnte dahingehend aber bald Entwarnung gegeben werden.
Schäden gab es aber trotzdem zahlreich. In dem Wohngebäude direkt neben dem Brandgrundstück sind fast alle Fensterscheiben geplatzt und die Fassungen teilweise geschmolzen. Durch die enorme Hitzeentwicklung des Großfeuers haben sich drei nahe stehende Pkws in der Königsteiner Straße entzündet. Sie sind komplett ausgebrannt und zwei weitere sind an der dem Feuer zugewandten Seite verschmort. Selbst die Plastikteile eines im benachbarten Carport parkenden Wagens sind zusammengeschmolzen. Einige Anwohner parkten ihre ebenfalls dort abgestellten Wagen noch hektisch um, nachdem sie realisierten, dass diese das gleiche Schicksal ereilen könnte.
Brenzlig war auch eine Situation mit einem direkt vor dem Holzhandel parkenden Tanklaster, bei dem bis zum Eintreffen der Löschzüge nicht geklärt war, was er geladen hatte. Die Feuerwehrkräfte kühlten den Tanksilo vorsorglich mit Wasser und konnten kurz danach entwarnen. In dem geladenen Silo befand sich glücklicherweise nur Kunststoffgranulat, welches allenfalls schmolz, aber sonst keine Schäden durch etwaige Explosionen verursachte. Der Lastwagen trug dieselben Schmelzschäden davon, wie die anderen betroffenen Fahrzeuge.
Die Fassaden der angrenzenden Nachbarhäuser wurden ebenfalls durch das Bespritzen von Wasser vor den Flammen und der Hitze geschützt und somit konnten weitere Schäden verhindert werden. Der Schadenswert geht nach den letzten Schätzungen in die Millionen Euro hinein.
Durch die heftige Qualmentwicklung, die man weit bis über die Grenzen der Landeshauptstadt wahrnehmen konnte, haben zwei Feuerwehrmitarbeiter eine Rauchgasvergiftung erlitten und wurden durch eine Rettungswagenbesatzung medizinisch erstversorgt. Die örtliche Feuerwehr hat die Anwohner gebeten, Fenster und Türen geschlossen zu halten, um eventuelle Rauchvergiftungen zu vermeiden. Der Wind trug den Rauch glücklicherweise nicht in die Innenstadt und weg von den Lehreinrichtungen der Gegend. Er hat die Vorgegebenen Messwerte dabei zu keiner Zeit überschritten.
In den angrenzenden Schulen und Kitas in der Lorcher und der Königsteiner Straße fanden, nach Prüfung der Rauchbelastung in den Kita- und Klassenräumen, der Unterricht und das Programm ganz regulär statt. Regelmäßig wurden die Messwerte durch die Einsatzkräfte kontrolliert und als nicht gefährlich eingestuft. Die Kinder verbrachten die Pausenzeiten inhäusig und entgingen so der Rauchgefahr.
Das erste Morgenlicht sorgte für viele schaulustige Passanten und Nachbarn, die sich selbst ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung des Feuers machen wollten und immer noch Sorge um ihr Hab und Gut hatten.
Nach Befragung einiger Passanten und Augenzeugen noch in der Nacht war man sich allgemein einig, dass das Feuer sehr rasant ausgebrochen sein muss. Gegen kurz nach 1:00 Uhr erreichte die Leitstelle der Notruf und nur wenige Minuten später trafen die Feuerwehrkräfte am Brandort ein. Da stand die Halle, laut Harald Müller, dem Stellvertretenden Branddirektor Wiesbadens, bereits in Vollbrand, der schon aus, unter anderem, Nordenstadt und Biebrich zu sehen war. Weitere 12 Minuten später war das brennende Gebäude bereits in sich zusammengesunken. Das Feuer soll sehr geräuschintensiv gebrannt haben. Laut Augenzeugenberichten von Ute Kratz, einer Anwohnerin in der Homburger Straße, soll das Feuer „sich angehört haben wie zündende „Silvesterböller“ und sehr schnell seine enorme Hitze entfaltet haben“.
Die Aufräumarbeiten um das Brandgelände herum wurden am Vormittag aufgenommen. Mit der Ermittlung des Brandortes wurde schon in der Nacht begonnen. Günter Seitz, der Hauptbrandermittler der Kriminalpolizei Wiesbaden stellt in Frage, „ob die Ausbruchsstelle des Brandherdes überhaupt einwandfrei zu lokalisieren ist. Die starke Brandausdehnung und enorme Hitzentwicklung machen dies sehr schwierig“. Die im Raum stehende Frage der Brandstiftung ist noch ungeklärt und die Ermittlungen dahingehend dauern noch an. „Das sehr trockene und gut abgelagerte Holz hätte durchaus so schnell Feuer fangen und dann in dem sich gebotenen Tempo herunterbrennen können.“, meinte Seitz.
Teil 2 erscheint am Donnerstagnachmittag: Darin geht es um die Hintergründe der Baustoppklage, sowie dem Konflikt zwischen der Stadt Wiesbaden und dem Holzhändler und die mögliche Verbindung mit dem Feuer in der Nacht zum Dienstag. Außerdem gibt es noch nicht veröffentliche Bilder des Großbrandes.