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Das Wiesbadener Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik hat im Herbst 2014 eine Bürgerumfrage zum Thema „Leben in Wiesbaden 2014“ durchgeführt. Insgesamt 3.022 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger haben sich daran beteiligt. Nachdem die ersten Ergebnisse im Dezember 2014 vorgestellt wurden, liegen nun weitere Auswertungen vor, welche Aufgaben und Probleme die Bürgerinnen und Bürger in Wiesbaden wahrnehmen.
Dies wurde über zwei verschiedene Fragen erfasst. Zum einen über eine vorgegebene Liste von Aufgabenbereichen, zu denen die Bürgerinnen und Bürger angeben konnten, welche sie als besonders vordringlich erachten. Zum anderen wurden die Befragten aufgefordert, die aus ihrer Sicht derzeit wichtigsten Probleme in Wiesbaden frei zu benennen.
Die Befragten sind insgesamt eher verbunden und zufrieden mit ihrer Stadt. Allerdings kristallisieren sich über die Prioritätenabfrage einige Punkte heraus, die nach Meinung der Mehrheit in Zukunft vordringlich behandelt werden sollten. Von der vorgegebenen Liste erhalten die größten Mehrheiten die „klassischen“ ordnungspolitischen Themen Sauberkeit des Stadtbildes (77 Prozent), Maßnahmen für Sicherheit und Ordnung (73 Prozent) und Sicherung der städtischen Finanzen (68 Prozent) - siehe Bild 1. Etwa gleichauf liegen im Meinungsbild auch soziale Themen wie die Sicherung der Lebens- und Pflegesituation älterer Menschen (77 Prozent), preisgünstiger Wohnraum (74 Prozent) und Armutsbekämpfung (71 Prozent). Im Vergleich dazu haben Vorhaben wie die Errichtung eines Stadtmuseums, der Bau einer Stadtbahn oder die zukünftige Gestaltung des Areals am Alten Gericht – alles in der Öffentlichkeit zeitweise hitzig debattierte Themen – mit weniger als 20 Prozent nur für eine kleinere Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern vorrangige Priorität.
Je nach Lebensalter gibt es für die meisten der genannten Aufgaben deutliche Unterschiede in der wahrgenommenen Dringlichkeit (Bild 2). So stufen knapp 90 Prozent der über 65-Jährigen die Sauberkeit von Straßen und Plätzen als vordringlich ein, während dies „nur“ 70 Prozent der unter 30-Jährigen so sehen. Ähnlich ist der Trendverlauf für die Punkte Pflege von Parks und Grünanlagen, Maßnahmen für Sicherheit und Ordnung sowie Sicherung der kommunalen Finanzsituation. Wenig erstaunlich ist, dass die Sicherung der Lebens- und Pflegesituation älterer Menschen sowie der Abbau von Teilhabebarrieren umso häufiger als prioritär erachtet werden, je älter die Befragten sind. Umgekehrt gibt es kaum Themen, denen jüngere Befragte im Schnitt im Vergleich zu älteren eine höhere Relevanz zuordnen.
Ausnahmen sind die Stadtbahn sowie die Förderung des Radverkehrs. Letzteres erhält den stärksten Zuspruch bei den 40- bis 49-Jährigen. Selbst das Thema Freizeitangebote für Jugendliche und Kinder beschäftigt nicht am ehesten die jüngeren Altersgruppen bis 39 Jahre, sondern die mittleren Altersgruppen, die Elterngeneration. Der Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten wird mit 76 Prozent am häufigsten von der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen als vordringlich erachtet. Über alle Altersgruppen hinweg nur geringe oder uneinheitliche Trends sind für die Punkte preisgünstiger Wohnraum, Wirtschaftsförderung und Arbeitsmarkt, lokale Versorgung mit erneuerbaren Energien, Verkehrsentlastung, Integration von Ausländern und Errichtung eines Stadtmuseums zu beobachten.
Bei der Aufforderung selbst zu formulieren, was aus ihrer Sicht zurzeit die größten Probleme in Wiesbaden sind, fallen den Bürgerinnen und Bürgern ganz unterschiedliche Dinge aus vielen Lebensbereichen ein. Etwa 24 Prozent der Befragten können keine Probleme benennen oder machen hierzu keine Angabe. Weitere 4 Prozent geben an, allgemein mit Wiesbaden unzufrieden zu sein, ohne dies an einem speziellen Thema festmachen zu können oder zu wollen. Aus den teils ausführlichen Angaben der 3.022 Befragten wurden insgesamt 4.500 Problemnennungen ausgezählt.
Mehr als 1.500 Nennungen und damit etwa ein Drittel betrifft den Bereich Verkehr beziehungsweise Infrastruktur. Etwa 17 Prozent der Antworten beziehen sich auf das Themenfeld Stadtbild und Sauberkeit, weitere 7 Prozent können dem Bereich Stadtplanung und Bauvorhaben zugeordnet werden.
Bei genauerer Betrachtung der formulierten Kritikpunkte ergibt sich angesichts der Vielfalt kaum eine klare Rangfolge. Dennoch können einzelne „Top-Themen“ identifiziert werden (Tabelle 1): Die meisten Einzelnennungen erzielt die Sauberkeit der Stadt (458-mal genannt, bezogen auf alle Befragten entspricht dies 15 Prozent). Dazurechnen lassen sich weitere 94 Nennungen, die sich speziell auf Hundekot sowie vereinzelt auf Tauben im Stadtgebiet beziehen. Darauf folgt der Bereich Miet-/Wohnungspreise (358 Nennungen). Relativ häufig wird ein fehlendes Sicherheitsgefühl und die Wahrnehmung steigender Kriminalität beklagt. Verwandt damit sind Nennungen zu fehlender Polizeipräsenz sowie die Problematisierung der öffentlichen Präsenz von sozialen Gruppen wie Bettlern, Alkoholikern oder Obdachlosen, die für viele Befragte das Sicherheitsgefühl beeinträchtigen.
Von Vielen wird auch das Thema Ausländer und Integration von Migranten als Problembereich definiert (278 Nennungen), wobei in den Formulierungen der Befragten unterschiedliche, teilweise unklare Konnotationen mitschwingen, von eher „integrationsfürsprechenden“ Aussagen wie dem Wunsch nach Fördermaßnahmen bis hin zu integrationsablehnenden, ausländerfeindlichen Aussagen. Weitere Nennungen, die dem Themenfeld Soziales zugeordnet werden können, sind Armut und die Wahrnehmung einer zunehmenden Kluft zwischen Arm und Reich in der Stadt (102 Nennungen) sowie Anliegen im Bereich Familienfreundlichkeit und Kinderbetreuung. Auch fehlende Angebote für junge Menschen beziehungsweise eine geringe Präsenz Jüngerer im Stadtbild werden von einigen beklagt (98).
Im Bereich Verkehr wird zum einen die Situation für Fahrradfahrer (320 Nennungen), zum anderen die Parksituation (273-mal) häufig als verbesserungsbedürftig dargestellt. Daneben beziehen sich viele der Probleme oder Verbesserungswünsche auf den Zustand der Straßen, die Verkehrsmenge, die innerörtlichen Verbindungen, den öffentlichen Nahverkehr sowie die Lärmbelastung durch verschiedene Quellen. Während einige Bürgerinnen und Bürger sich allgemein an „zu vielen Baustellen“ stören oder generell unzufrieden sind mit den verschiedensten stadtplanerischen Projekten der vergangenen Jahre, benennen mehrere auch konkrete Bauvorhaben und Projekte. Am häufigsten genannt werden die Planungen um das R+V-Hochhaus sowie das Stadtmuseum (76 und 77 Nennungen).
Weitere detaillierte Umfrageergebnisse werden im März veröffentlicht, etwa zur Wahrnehmung und Bewertung der Stadt, zum politischen Interesse und Bürgerbeteiligung sowie zur Wohn- und Verkehrssituation.
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