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Das Thema Sicherheit wird seit einigen Jahren stark in Wiesbaden diskutiert. Viele Bürgerinnen und Bürger haben das Gefühl, das die Straftaten in der Stadt zunehmen. Doch dieses subjektive Sicherheitsgefühl, hat nichts mit der Zahl der registrierten Kriminalfälle zu tun. Es ist vielmehr ein Empfinden und die Wahrnehmung der Bürger, welche durch unterschiedliche erworbene Faktoren entsteht.
So wurde mit großer Spannung die Präsentation der Kriminalitätsstatistik für 2018 der hessischen Landeshauptstadt erwartet. Am Freitagvormittag stellten die zuständigen Bereichsleiter von Polizei und der Stadt Wiesbaden die Zahlen im Rathaus vor.
Gute Nachricht: Die Entwicklung der Kriminalitätszahlen ist rückläufig und die Aufklärungsquote so hoch wie nie zu vor. Im Jahr 2018 wurde in der Landeshauptstadt Wiesbaden insgesamt 20.364 Strafteten registriert. Das ist das niedrigste Gesamtstraftatenaufkommen seit 1984. Die Anzahl der festgestellten Delikte ging um 2.746 Fälle zurück, was einem Rückgang um 11,9 Prozent entspricht. „Das ist eine sehr erfreuliche Bilanz“, so Wiesbadens Bürgermeister Dr. Oliver Franz.
Bezüglich der Aufklärungsquote zeigt sich Polizeipräsident Stefan Müller mit der geleisteten Arbeit der Wiesbadener Polizistinnen und Polizisten ebenfalls sehr zufrieden. „In den Ermittlungsgruppen und Fachkommissariaten konnten insgesamt 13.038 Straftaten geklärt werden, so dass die Aufklärungsquote nun mit glatt 64,0 Prozent auf dem höchsten Wert seit 1984 liegt.“
Im Zusammenhang mit dem Sicherheitsgefühl der Menschen, welches aktuell wieder verstärkt thematisiert wird, spielt die Entwicklung der Straßenkriminalität eine wesentliche Rolle. „Gerade die Delikte auf unseren Straßen, Wegen und Plätzen beeinflussen das Sicherheitsempfinden der Menschen wesentlich. Daher ist es besonders erwähnenswert, dass die Fallzahlen im Bereich der Straßenkriminalität um 549 auf 4.139 Fälle zurückgegangen sind und damit den niedrigsten Stand seit 1989 erreicht haben. Gleichzeitig ist es der Wiesbadener Polizei gelungen, die Aufklärungsquote in diesem Deliktsbereich auf 28,5 Prozent zu steigern“ berichtete Karl-Heinz Brassat, Leiter der Polizeidirektion Wiesbaden.
Der Rückgang im Deliktsfeld der Straßenkriminalität ist vor allem auf eine Vielzahl von Kontrollen im öffentlichen Raum, insbesondere durch gemeinsame Maßnahmen der Stadtpolizei, der Hessischen Bereitschaftspolizei und des Polizeipräsidiums Westhessen zurückzuführen. An 90 Kontrolltagen haben die Einsatzkräfte im Verlauf des vergangenen Jahres im Rahmen des Programmes „Gemeinsam Sicheres Wiesbaden“ starke Präsenz gezeigt und den Kontrolldruck auf der Straße spürbar erhöht.
Auch das gezielte Vorgehen gegen Mehrfach- und Intensivtäter hat seinen Teil zur Reduzierung der Fallzahlen, besonders im Bereich der Straßenkriminalität, beigetragen. Im direkten Bezug dazu steht auch der Rückgang bei den Rohheitsdelikten zu denen unter anderem Körperverletzung und Raub gehört.
Einen großen Anteil an der Reduzierung aller registrierten Straftaten haben auch die Rückgänge im Bereich des Diebstahls und des Betrugs. Weniger erfreulich sind die Feststellungen im Bereich des Wohnungseinbruchsdiebstahls, dessen Entwicklung in Wiesbaden nicht dem Landestrend folgt und um 49 Fälle auf insgesamt 568 Einbruchstaten gestiegen ist. Für die Steigerung werden mehrere Intensivtätergruppen, aber auch Einzeltäter, verantwortlich gemacht, die verdächtig sind, ganze Tatserien begangen zu haben.
Im Zehnjahresvergleich sind die Einbrüche in Wiesbaden auf gleichbleibendem Niveau. Doch gelang es den Beamten 2018 mehr Täter, ein +4,6 Prozent, zu ermitteln beziehungsweise festzunehmen. Das ist eine Erfolgsquote von 25,2 Prozent, der zweihöchste Wert im Zehnjahresvergleich. Statistisch gesehen wird etwa jeder vierte Wohnungseinbruchdiebstahl aufgeklärt.
Ein leichter Anstieg ist auch im Bereich der Straftaten gegen das Leben zu verzeichnen. 2018 kam es zu 12 Fälle (+3), bei Aufklärungsquote von 100 Prozent.
Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 11 Delikte im Bereich Totschlag registriert. Von diesen elf Fällen kam es zu 10 versuchten und einem vollendeten Totschlag. Bei dem vollendeten Totschlag handelt es sich um eine Nacherfassung aus 2017. Zwei Personengruppen gerieten in der Wiesbadener Fußgängerzone in Streit, infolge dessen ein junger Mann durch ein Messer tödlich verletzt wurde.
Darüber hinaus kam es im April 2018 zu einem versuchten Tötungsdelikt mittels selbstgebauter Rohrbombe, welche vom Täter auf einem Auto in der Eberleinstraße deponiert wurde. Der Geschädigte wurde infolge der Umsetzung glücklicherweise nur leicht verletzt. Der Tatverdächtige konnte von der Polizei ermittelt und festgenommen werden. Der Mann wurde zwischenzeitlich zu 7,5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Der Mord an der Schüler Susanna F. aus Mainz vom Sommer 2018 ist noch nicht in der aktuellen Kriminalitätsstatistik eingeflossen, da die polizeilichen Ermittlungen zum Jahreswechsel noch nicht abgeschlossen waren.
Bei den Zahlen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist 2018 ein leichter Rückgang um 7 Fälle von 252 auf 245 festzustellen (-2,8 Produzent), bei einer gleichzeitigen Steigerung der Aufklärungsquote um 4 auf 85,7 Prozent.
Seit zwei Monate gibt es in der Wiesbadener Innenstadt eine Waffenverbotszone. Diese wurde nach der tödlichen Messerstecherei im Juni 2017 sowie weiteren Vorfällen am 1. Januar eingeführt. Die Einhaltung wird durch Einsatzkräfte der Stadtpolizei, des Polizeipräsidiums Westhessen und der Hessischen Bereitschaftspolizei - oft auch im Rahmen gemeinschaftlich durchgeführter Maßnahmen - intensiv kontrolliert.
An bis jetzt 59 Tagen wurden in der Waffenverbotszone im Januar und Februar 867 Personen kontrolliert und insgesamt 29 Messer (davon 12 Taschen-, 8 Einhand-, 2 Cutter-, 2 Messer mit einer Klingenlänge von über 10 Zentimetern sowie 2 mit eine Länge von über 20 Zentimetern) aufgefunden. Zudem stellten die Polizisten fünf andere gefährliche Gegenstände sicher. Von den 34 Personen, (30 männlich und 4 weiblich) bei denen die Gegenstände aufgefunden wurden, waren 28 bereits polizeilich in Erscheinung getreten.
Bürgermeister Dr. Franz betont jedoch, dass es derzeit noch zu früh für eine seriöse Bewertung im Hinblick auf die Wirksamkeit der Waffenverbotszone sei. „Wir werden weitere Kontrollen, insbesondere im Sommer, abwarten müssen, um konkrete Aussagen treffen zu können“, so Dr. Franz weiter. „Jedes Messer welches aus dem Verkehr gezogen wurde kann keinen Verletzten oder töten“, betonte er.
Der Meinung des Bürgermeisters schließt sich Polizeipräsident Müller an und stellte die Wichtigkeit des gemeinsamen Vorgehens für die Sicherheit der Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger. „Wenn wir die festgestellten Verstöße der ersten beiden Monate auf das gesamte Jahr, unter Berücksichtigung der Sommermonate hochrechnen, dann zeigt dies deutlich das zu hohe Gefahrenpotenzial, das in der Stadt unterwegs ist.“
Die Einrichtung der Waffenverbotszone hat für viel Beachtung gesorgt. Dadurch wurde eine weitreichende Information der Bevölkerung erreicht und darüber hinaus eine intensive Diskussion in der Öffentlichkeit angestoßen.
Aus den öffentlichen Reaktionen und aufgrund der Feststellungen während der Einsätze vor Ort lässt sich ableiten, „dass die Kontrollen bei den Bürgerinnen und Bürgern positiv wahrgenommen werden und den Einsatzkräften nicht selten auch Lob und Anerkennung zu Teil wird“, so Peter Erkel, Leiter des Ordnungsamtes.
Stärkung des Sicherheitsgefühls der Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger: Bürgermeister Dr. Franz und Polizeipräsident Müller haben in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, dass die objektiven Zahlen der Statistiken zwar ein Gradmesser für die Sicherheit in Wiesbaden sind, jedoch das Sicherheitsgefühl und die Kriminalitätsfurcht der Bürgerinnen und Bürger unbedingt in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden müssen.
Die Schere zwischen beiden Parametern scheint dabei immer weiter auseinanderzugehen. Aus diesem Grund wurde ein Maßnahmenpaket geschnürt, um diesem Trend entgegenzuwirken.
Um noch mehr über das Sicherheitsgefühl der Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger zu erfahren, ist im September 2019 eine repräsentative Befragung von jungen Frauen und Männern, im Alter von 16 bis 29 Jahren, durch das Amt für Statistik und Stadtforschung in Planung. Repräsentativ deshalb, weil 10.000 Bürgerinnen und Bürger aus ganz Wiesbaden angeschrieben werden, einen Zugangscode erhalten und dann online zu ihrem Sicherheitsgefühl, zu Situationen und Erfahrungen beziehungsweise Angsträumen (sogenannte Hotspots) hoffentlich zahlreich antworten werden.
In einer Arbeitsgruppe, die sich mit dem Sicherheitsgefühl der Wiesbadenerinnen und Wiesbadener befasst, werden die Ergebnisse der Bürgerbefragung ausgewertet und analysiert. Auf der Grundlage dieser Analyse werden dann passgenaue Konzepte zur Verbesserung der tatsächlichen Sicherheitslage erarbeitet.
Mit dem Präventionsprojekt “KOMPASS“, die Abkürzung steht für KOMmunalProgrAmmSicherheitsSiegel, soll das Sicherheitsgefühl in der Stadt erhöht werden. Das landesweite Programm wurde vom hessischen Innenministerium ins Leben gerufen. Mit diesem haben Städte und Gemeinden die Möglichkeit, die Sicherheit in ihrer Kommune selbst in die Hand zu nehmen. In Wiesbaden erarbeiten die Polizei, die Bürgerinnen und Bürger sowie das Ordnungsamt aktuell Maßnahmen für das Westend.
Ein gemeinsames Lagebild wurde unter Mitwirkung des Ortsbeirates bereits erstellt. Als nächster Schritt findet am Sonntag, 19. März, im Georg-Buch-Haus eine Sicherheitskonferenz mit Akteuren aus dem Stadtteil statt.
Da Sicherheit bereits weit im Vorfeld beginnt setzt die Polizei bei Jugendliche auf das Prinzip Aufklärung. Mit einem Präventionsprogramm “Messer machen Mörder“ werden Schülerinnen und Schüler an Wiesbadens Schulen über die Gefährlichkeit des Messertragens im öffentlichen Raum aufgeklärt.
Polizeibeamtinnen und -beamte werden sich mit jungen Menschen austauschen und sie dafür sensibilisieren, dass zwischen dem Griff zu einem Messer und einer schweren Verletzung beim Gegenüber beziehungsweise einem Tötungsdelikt oft nur ein schmaler Grad liegt. „Durch die Aufklärung soll deutlich gemacht werden, dass die Folgen eines Messereinsatzes völlig unterschätzt werden und darüber hinaus auch die Gefahr besteht, sich dabei erhebliche eigene Verletzungen zuzufügen“, so der Polizeipräsident.
Im Laufe des Jahres wird das Schutzkonzept für Wiesbaden weiter ausgebaut. So wird es wieder vermehrt Fußstreifen der Polizei im öffentlichen Raum geben. Die Beamtinnen und Beamten sollten bewusst wahrnehmbar und für die Bürgerinnen und Bürger sowie Gewerbetreibende gleichzeitig für die unterschiedlichen, besonders im Innenstadt Bereich, ansprechbar sein.
Die Polizei soll zukünftig verstärkt und bewusst ohne Fahrzeuge unterwegs sein, um damit wieder ansprechbarer für die unterschiedlichen Belange der Bevölkerung und für Gewerbetreibende zu werden besonders im Innenstadt Bereich.
Bereits seit 2004 gibt es auf jedem Wiesbadener Polizeirevier einen sogenannten “Schutzmann vor Ort“, der in erster Linie Ansprechpartner für die Belange der Bürgerinnen und Bürger in den jeweiligen Stadteilen ist. Mit einem Werbeprogramm das in den kommenden Wochen beginnt, soll das Profil dieser Beamten geschärft und ihre Personen bekannter gemacht werden. Darüber hinaus werden sie häufiger als bisher in Problem- und Angsträumen unterwegs sein.
Das Resümee von Bürgermeister Dr. Franz: „Die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener leben in einer sicheren Stadt. Trotzdem werden wir mit weiteren Maßnahmen die Problembereiche angehen, damit das Sicherheitsgefühl wieder ein echtes wird.“
Fotos: Daniel Becker, Grafiken: Polizeipräsidium Westhessen