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Können Kriege gerecht sein? Diese Frage stellt das Buch, das der evangelische Militärbischof Sigurd Rink im vergangenen Jahr publiziert hat. In der Evangelischen Thalkirchengemeinde Wiesbaden-Sonnenberg positionierte Rink sich auf Einladung von Pfarrer Thomas Hartmann am Dienstag, 10. März, um 18:00 Uhr zu aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen: Wie bewerten wir Deutschlands Einsätze der Bundeswehr? Wo steht die Kirche zwischen Pazifismus und internationalen Schutzmissionen des Militärs?
Gut 50 Menschen, auch einige Konfirmandinnen und Konfirmanden der Gemeinde, waren – trotz grassierender Coronafurcht – der Einladung zu Vortrag und Gespräch mit Bischof Rink, dem früheren Wiesbadener Propst für Süd-Nassau, gefolgt. Den Abend moderierte Pfarrer Thomas Hartmann.
Bischof Rink stieg in seinem Vortrag autobiographisch ein, wie er es auch in seinem Buch tut: Als Jugendlicher war er Pazifist und Teil der Friedensbewegung. Im Laufe seiner Zeit als Gemeindepfarrer lernte er in seiner Gemeinde viele Mitarbeiter aus dem Bereich Internationale Zusammenarbeit kennen, und der Genozid in Ruanda veränderte langsam seinen Blick dahingehend, dass es auch rechtserhaltende Gewalt braucht. Trotzdem warnt er davor, dass die Bundeswehr als Mittel der deutschen Außenpolitik und Solidaritätsbekundung mit Verbündeten wie den USA und Frankreich leichtfertig in einen Einsatz geschickt wird: „Im Zweifel: Nie.“
Denn wenn es überhaupt einen gerechtfertigten Einsatz geben könne, bei all dem Übel, das der Krieg auslöse, dann dürfe es nur um die eigene Verteidigung gehen, und das Ergebnis nach dem Einsatz müsse absehbar besser sein als der vorherige Ist-Zustand.
Gerade auch in Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen in der Türkei positionierte sich Bischof Rink damit klar gegen Erdogans Intervention in Syrien und gegen seine Forderung zur NATO-Unterstützung. Auch dessen Machtspiel mit der Grenzöffnung dürfe nicht mit offenen Grenzen nachgegeben werden, da die EU als Schengenraum ihre Grenze zu schützen habe. Doch sollte zugleich die Krise, die nun vor Ort an der Grenze zu Griechenland herrscht, nicht auf dem Rücken der Flüchtlinge ausgetragen werden, sodass er Hilfe und Seenotrettung im Rahmen „diakonischer Nothilfe“ befürwortet und dort auch die Kirche in der Pflicht sieht.
Angeregt stellte sich der Bischof der Diskussion, die von Rückfragen zu seiner Aufgabe als Seelsorger der Soldatinnen und Soldaten bis hin zur Frage eines Konfirmanden reichte, warum Gott überhaupt Kriege zulasse. Rink ging auf alle Beiträge aus dem Publikum umfassend und kenntnisreich ein.
Die Wiesbadener Buchhandlung Vaternahm hatte einen gut gefüllten Büchertisch vor Ort organisiert, und viele erwarben das Buch von Sigurd Rink "Können Kriege gerecht sein? Glaube, Zweifel, Gewissen – Wie ich als Militärbischof nach Antworten suche", um sich zu Hause weiter mit dem Thema zu befassen.
Die Teilnehmer waren sich einig, dass dies ein interessanter und aufschlussreicher Abend war zu einem Thema, das auch die Gesellschaft weiterhin beschäftigen wird.
Über 20 Auslandsreisen hat Rink bereits unternommen. Immer wieder wird er zum Vier-Augen-Gespräch mit der Bundesverteidigungsministerin eingeladen und ist eine der starken Stimmen der evangelischen Kirche in Berlin. Auch drei Einsätze der Bundeswehr auf dem Mittelmeer hat er begleitet und die Seenotrettung in den Jahren 2015 und 2016 miterlebt.
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Foto: EKHN/Nicole Kohlhepp