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Die künftige Bevölkerungsentwicklung der Landeshauptstadt Wiesbaden wird wesentlich davon abhängen, wie sich die Schaffung von neuem Wohnraum gestaltet. Je mehr Wohnraum entsteht, desto stärker kann das Bevölkerungswachstum ausfallen - sei es durch direkten Zuzug in lebenswerten Wohnraum von außerhalb oder durch einen indirekten Zuzug in freiwerdende Wohnungen.
Analysen der Wanderungsbewegungen haben wiederholt gezeigt, dass mehr Menschen aus Wiesbaden ins Umland ziehen als umgekehrt. Hauptsächlich sind es junge Familien, die die Stadt in Richtung Umland verlassen. Einer der Gründe dürfte sein, dass auch in Wiesbaden die Nachfrage nach Wohnraum das Angebot übertrifft, was gleichzeitig den Preis der angebotenen Wohnungen in die Höhe treibt.
Für Einkommensschwächere ist der Wohnungsmarkt besonders eng, denn Ende letzten Jahres standen rund 3.000 Haushalte auf der Warteliste für eine öffentlich geförderte Wohnung, während im Verlauf des Jahres 2022 nur etwa 450 solcher Wohnungen frei wurden und vermittelt werden konnten.
Die Statistiker des städtischen Amtes für Statistik und Stadtforschung haben nun eine Vorausberechnung der Wiesbadener Bevölkerung vorgelegt, in der deshalb auch die schon begonnene und geplante Neubautätigkeit mit berücksichtigt wird. Grundlage sind Informationen des Stadtplanungsamtes zu zukünftigen Wohnbauprojekten, sie umfassen auch Wohnbauflächenpotenziale und perspektivische Entwicklungsflächen, deren Aktivierung oft besonderen Herausforderungen unterliegt und deren Verfügbarkeit daher eher als langfristig einzustufen ist.
Die gesamtstädtische Prognose reicht bis in das Jahr 2040, für die 26 Ortsbezirke werden die Bevölkerungszahlen bis zum Jahr 2035 vorausberechnet. Zusätzlich werden auch Aussagen über die künftige Haushalteentwicklung gemacht.
Derzeit leben in Wiesbaden rund 296.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Nach den Berechnungen des städtischen Amtes wird die Bevölkerungszahl in den nächsten Jahren steigen. Danach werden im Jahr 2030 rund 307.000 Menschen in der Stadt wohnen, 2035 werden es circa 319.000 sein und im Jahr 2040 sogar 328.000.
Schaffung von neuem Wohnraum und Neubautätigkeiten können sich auf die Altersverteilung auswirken: sie sorgen dafür, dass mehr junge Familien zuwandern. Sollten sich die prognostizierten Zahlen in Zukunft so bestätigen, dann wird auch das Durchschnittsalter der Einwohner “nur“ von 43,1 auf 43,5 Jahre steigen. Trotzdem wird es merkliche Veränderungen im Bevölkerungsaufbau geben. Während heute rund 58.400 Wiesbadenerinnen und Wiesbadener im Rentenalter sind, werden es zum Ende des Prognosezeitraums schon knapp 72.000 sein - ein Zuwachs um gut 23 Prozent. Überproportional steigt darunter die Zahl der Hochbetagten ab 85 Jahren.
Gleichzeitig ist aber auch bei den Kindern und Jugendlichen in den kommenden Jahren mit einem Wachstumsplus zu rechnen. Bei Kindern im Vorschulalter wird eine Steigerung um 10,7 Prozent, bei Grundschulkindern um 6,5 Prozent und bei den 10- bis unter 20-Jährigen um 7,8 Prozent erwartet.
Lediglich bei den älteren Erwerbsfähigen im Alter von 50 bis 59 Jahre dürfte mit einem Rückgang zu rechnen sein. In dieser Altersklasse befinden sich gerade die Babyboomer der 1960er Jahre, die langsam aus dieser Altersklasse herauswachsen und durch die “Pillenknickgeneration“ ersetzt werden. Insgesamt dürfte aber die Zahl der Wiesbadenerinnen und Wiesbadener im erwerbsfähigen Alter um rund 8 Prozent ansteigen und einem möglichen Arbeitskräftemangel entgegenwirken.
In den Wiesbadener Ortsbezirken wird sich in den nächsten Jahren einiges tun – insbesondere dort, wo von Neubautätigkeit ausgegangen wird. Stark wachsen werden die Ortsbezirke Kastel, Kostheim, Erbenheim und Schierstein - immer vorausgesetzt, die geplante Neubautätigkeit wird auch realisiert. In Ortsbezirken ohne wesentliche Neuschaffung von Wohnraum wird sich die Bevölkerungszahl kaum ändern, aber das Durchschnittsalter wird sich erhöhen. Zu den stagnierenden Stadtteilen gehören beispielsweise die Bezirke Westend/Bleichstraße, Sonnenberg, Naurod oder Auringen.
Parallel zur Bevölkerungszahl dürfte auch die Zahl der Haushalte ansteigen: bis 2040 um rund 11 Prozent. Dabei wird aufgrund der demographischen Zusammensetzung der Bevölkerung mit einem überproportionalen Plus bei den Ein- und Zweipersonenhaushalten zu rechnen sein.
Vor kurzem hatte auch das Hessische Statistische Landesamt (HSL) eine regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung veröffentlicht, die ab 2024 mit einem Rückgang der Einwohnerzahl Wiesbadens rechnet. Naturgemäß konnte das HSL für seine Prognose die in Wiesbaden geplante Neubautätigkeit und die zum Teil schon in der Realisierung befindlichen Projekte (zum Beispiel Nordenstadt-Hainweg, Erbenheim-Süd, Bierstadt-Nord, Frankfurter Straße) nicht berücksichtigen.
Auch Perspektivflächen wie das Ostfeld, das im Fall seiner Realisierung noch einmal für Wachstum sorgen wird, blieben bei den Berechnungen des HSL außen vor. Folgerichtig führen die erweiterten Annahmen der lokalen Prognose der Stadtstatistiker dann auch zu anderen Ergebnissen als die Prognose des Landesamtes. Damit bestätigt sich einmal mehr die Feststellung, dass Bevölkerungsvorausberechnungen immer “Wenn-dann-Aussagen“ und damit “nur“ das Ergebnis von getroffenen Annahmen sind.
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Wer an Details interessiert ist, zu der "Wiesbadener Stadtanalyse“ können hier heruntergeladen werden: "Dokumentation aller Annahmen und Ergebnisse der Bevölkerungs- und Haushaltsprognose".
Auf www.statistik.wiesbaden.de findet man außerdem die Ergebnisse in einem digitalen und interaktiven Format.
Grafiken: Amt für Statistik Wiesbaden