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Einbrüche, Körperverletzungen, Diebstähle, Trickbetrügereien und Raubüberfalle, die Zahl der Straftaten nimmt zu - das glauben die meistern Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger. Doch ein Blick in die Statistik zeigt: Die Furcht ist unbegründet. Am Freitag wurde die Kriminalitätsstatistik 2016 vom Polizeipräsidium Westhessen für Wiesbaden vorgestellt. Demnach wurden insgesamt 23.776 Straftaten registriert. Das sind 918 (3,9 Prozent) weniger als noch im Vorjahr.
Die Diebstahldelikte stellen mit 38,2 Prozent den größten Kriminalitätsbereich für Wiesbaden dar. In diesem Bereich wurden 8.900 (9.646/2015) Straftaten erfasst. Das ist ein ist deutlicher Rückgang um 746 Fälle.
Den zweitgrößten Kriminalitätsbereich bilden die Vermögens- und Fälschungsdelikte mit einem Anteil von 21,3 Prozent, wenngleich das Fallaufkommen um 438 Fälle, auf 4.957 relevant zurückgegangen ist.
Zu einem Mord kam es im letzten Jahr in Wiesbaden nicht. Der Raubüberfall auf den Kiosk am 20. Dezember 2016 in Biebrich, bei dem die 59-jährige Besitzerin erschossen wurde, fällt nicht in die Kriminalitätsstatistik 2016 wie Polizeipräsident Stefan Müller erklärte: „Wir haben bei der Datenerfassung einen Versatz von etwa zwei Monaten. Bei der Kriminalitätsstatistik für 2017 wird das Tötungsdelikt in das Zahlenwerk mit einfließen.“
Insgesamt erfasste die Polizei zwölf Fälle von Totschlag und Tötung auf Verlangen. Bei diesen Taten handelt es sich um Sachverhalte, die in der Erstbewertung als versuchter Totschlag erfasst wurden, erklärte Francoise Stephanf, Leiterin der Kriminaldirektion Wiesbaden. Nach Abschluss der Ermittlungen erfolgte bei sechs Fällen versuchten Totschlags die erneute Vorlage bei der Staatsanwaltschaft. Im Rahmen einer abschließenden rechtlichen Einstufung dieser sechs Vorkommnisse wurde eine Klassifizierung als gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr vorgenommen. Jugendliche hatten hier verschiedene Gegenstände wie Schottersteine und Suppendosen auf vorbeifahrende Fahrzeuge auf Autobahnen geworfen. In keinem Fall kam es zu einem Personenschaden.
„Von den anderen sechs Fällen des versuchten Totschlags gerieten in fünf Ereignissen Personen in Streit, die in einer längeren persönlichen Beziehung zueinander gestanden haben, in dem verbleibenden Fall waren Konkurrenzgeschäfte im Drogenmilieu ursächlich. Fünfmal wurde dabei ein Messer als Tatmittel eingesetzt“, so Stephanf weiter.
Alle Tötungsdelikte konnten aufgeklärt werden.
Die Zahlen zu Raubdelikten und räuberische Erpressungen stiegen 2016 auf 207 Fälle, das sind 28 mehr Delikte als noch ein Jahr davor. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Raubüberfälle auf Wettbüros, Spielotheken sowie Geschäfte. Aber auch Tankstellen (1) und der Handtaschenraub (13) zählen dazu. Die Aufklärungsquote konnte um 4,9 Prozent auf 58 Prozentpunkte gesteigert werden.
Bei den Raubüberfällen auf Straßen, Wegen und Plätzen ist ein leichter Anstieg festzustellen. 2015 kam es zu 71 Fälle, 2016 waren es zehn mehr. Bei der Tatausführung registriert die Polizei, dass eine alkoholbedingte Hilflosigkeit der potentiellen Opfer nach Gaststättenbesuch ausgenutzt wird. Leicht zurückgegangen sind die Straftaten bei Raubüberfällen in Wohnungen, hier gab es vier Fälle.
Nachdem die Zahlen der Körperverletzungen in den letzten vier Jahren ein relativ gleiches Niveau aufgezeigt hatten, ist für 2016 ein Anstieg um 148 Fälle zu verzeichnen. Insgesamt gab es 2.628 registrierte Ereignisse bei dem ein Mensch verletzt wurde. Die Aufklärungsquote liegt hier bei 98,1 Prozent (2.342 Fälle).
Auch der Bereich der Körperverletzungsdelikte beeinflusst das Sicherheitsgefühl einer Bevölkerung maßgeblich, so Polizeidirektor Hans Knapp. Um gerade im Innenstadtbereich eine nachhaltige Stärkung des Sicherheitsgefühls zu erwirken, wurde auch im Jahr 2016 das Konzept „Sichere Innenstadt beziehungsweise Kulturpark“ fortgeführt. „Unter Beteiligung von Kräften der Hessischen Bereitschaftspolizei werden an den Wochenenden und vor Feiertagen Maßnahmen und offene Präsenzstreifen an bekannten Brennpunkten im Innenstadtbereich durchgeführt“, schilderte der Leiter der Abteilung Einsatz Knapp.
Im Bereich der Häuslichen Gewalt wurde ein vermehrtes Anzeigeverhalten von Körperverletzungen festgestellt. Dieser Bereich umfasst neben der physischen Gewalt auch noch die psychische beziehungsweise sexuelle. Gleichwohl ist von einem hohen Dunkelfeld auszugehen, erläutert Knapp.
Die Opfer stehen in einer engen sozialen Bindung, wenn nicht gar Abhängigkeit zu dem Täter. Demzufolge hat die Erstattung einer Strafanzeige für die Opfer erhebliche Auswirkungen, sowohl emotionalen als auch zum Teil monetären Hintergrund, schildert der Polizeidirektor.
Die Opfer ertragen ihre Leidensgeschichte häufig über Jahre hinweg. Die Beamten aus dem Bereich der Häuslichen Gewalt begleiten diese Opfer oft während dieses langen Zeitraums. Das hierbei entstehende Vertrauensverhältnis, einhergehend mit dem Aufzeigen von Alternativ- und Unterstützungsmöglichkeiten, wirkt sich zum Teil positiv auf die Anzeigemotivation der Opfer aus.
Die Diebstahlsdelikte haben 2016 abgenommen. Insgesamt hat die Polizei 8.900 Straftaten in diesem Bereich erfasst. Das sind 746 Fälle weniger als noch ein Jahr davor. Die sogenannten Fallzahlen des Diebstahls ohne erschwerende Umstände gingen mit 243 Fällen signifikant zurück. Erfreulich ist die Steigerung um +1 Prozentpunkt bei der Aufklärungsquote.
Darunter fallen Taschen- und Trickdiebstähle (671 ein +45), einfacher Diebstahl in beziehungsweise aus Dienst- und Büroräumlichkeiten (491 ein -89) und Ladendiebstähle (1,772 ein +56). Die Aufklärungsquote liegt hier bei 92 Prozent.
Im Innenstadtbereich Wiesbaden kam es im Zeitraum von Februar bis August 2016 zu einer größeren Anzahl von Diebstahlsdelikten in, beziehungsweise aus, Kellerräumlichkeiten. Die intensive Spurensicherung brachte die DNA und daktyloskopischen Spuren eines Täters hervor, dem im Nachgang etwa 80 Taten zugeordnet werden konnten. Er wurde in Untersuchungshaft genommen. Bemerkenswert ist, dass nach seiner Einlieferung ein deutlicher Rückgang der Fallzahlen zu verzeichnen war, so Polizeidirektor Knapp.
Die Zahlen zu Wohnungseinbruchdiebstahl sind signifikant auf 457 Fälle (-180 Fälle, -28,3 Prozent) zurückgegangen. Im Vergleich der letzten sieben Jahre handelt es sich hierbei um den niedrigsten Wert beziehungsweise im Zehnjahresvergleich um den zweitniedrigsten.
Mit einem Ermittlungserfolg von 17,7 Prozent wird rechnerisch fast jeder fünfte
Wohnungseinbruchdiebstahl aufgeklärt.
Jedes Jahr zeichnet sich eine Erhöhung der Wohnungseinbruchdiebstähle während der sogenannten „dunklen Jahreszeit“ ab. Bereits zum dritten Mal wurde durch das hessische Landeskriminalamt (HLKA) Prognoseprogramm „KLB-operativ“ im Zeitraum vom 25. Oktober 2016 bis 19. Januar 2017 eingesetzt.
Das „KLB-operativ“ greift auf mehrere polizeiliche Datenbestände zurück und berechnet potentielle räumliche und zeitliche Schwerpunkte für Wohnungseinbrüche. Grundlage dieser Herangehensweise ist die empirische Evidenz, dass ein Täter nach einer für ihn erfolgreichen Tat mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit versuchen wird, im selben räumlichen Bereich erneut aktiv zu werden. Das „KLB-operativ“ wird als polizeiliches Instrument für eine gezielte Kräftesteuerung genutzt.
Neben offenen Präventionsstreifen, dem Einrichten von Kontrollstellen und Personen- beziehungsweise Fahrzeugkontrollen, wurden auch operative Kräfte eingesetzt. Die abschließende Evaluierung der Ergebnisse durch das HLKA steht noch aus.
Der Anteil der Versuche von Wohnungseinbruchdiebstählen lag bei 47,9 Prozent (+0,5 Prozentpunkte zum Vorjahr). Im Zehnjahresvergleich setzt sich der deutliche Rückgang der vollendeten Wohnungseinbrüche weiterhin fort.
Grund dafür scheint die polizeiliche Beratung über Einbruchssicherungsmöglichkeiten von Gebäuden beziehungsweise allgemeine Präventionsaktionen im Hinblick auf die technische Sicherung von insbesondere Wohnungstüren und -fenstern zu sein, so Wiesbadens Polizeipräsident Stefan Müller.
Ein Schlag gegen eine rumänische Täterbande ist der Polizei in Mainz und Wiesbaden im März vergangene Jahres geglückt. Die Gruppe ist für eine ganze Reihe von Diebstahlsdelikten verantwortlich.
Von den sechs Hauptbeschuldigten fungierten vier als sogenannte Residenten, mit Sitz in Wiesbaden, Wetzlar, Mainz und Bernkastel-Kues. Die Residenten nehmen vor allem Logistikaufgaben wahr. Das heißt, sie beschafften die Unterkünfte und Fahrzeuge, benannten lukrative Örtlichkeiten für Einbruchstaten und koordinierten das Begehen der in der Regel zwei bis vier gemeinsam agierenden Täter.
Diese Bande beging tagsüber Taschen- und Trickdiebstähle, Betrugsdelikte, Wohnungseinbrüche und baldowerte weitere lukrative Tatobjekte aus. In der Nacht verübten sie gewerbliche Einbrüche. Die Tatörtlichkeiten wechselten sie hierbei ständig, koordiniert durch Absprachen unter den Residenten. So konnten der Bande in dem hier geführten Verfahren neben den Taten in Hessen und Rheinland-Pfalz auch Taten in Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und im Ausland (Schweiz und Dänemark) nachgewiesen werden. Eine Anfrage beim Bundeskriminalamt brachte hervor, dass alle Beschuldigten wegen Straftaten im Eigentums- und Gewaltbereich sowie im Zusammenhang mit Menschenhandelsdelikten bekannt sind. Sie begingen entsprechende Taten in Dänemark, Luxemburg, Italien, Spanien, Norwegen, Rumänien und der Schweiz.Bislang wurden drei Beschuldigte verurteilt und zehn weitere Haftbefehle in anderen Bundesländern, den Niederlanden und Dänemark vollstreckt. Die ergangenen Verurteilungen enthalten zum Teil deutliche Freiheitsstrafen. So wurde ein 35-Jähriger zu fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ein 25-Jähriger hat drei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe erhalten. Zu ebenfalls hoher Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten wurde ein 27-Jähriger verurteilt.
Das war Teil eins der Kriminalitätsstatistik 2016. Am Samstag (4. März) gibt es den zweiten Teil.
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