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Hinter dem Ergebnis der Kommunalwahl 2021 in Wiesbaden verstecken sich spannende Zahlen, Daten und Fakten über die Wähler:innen. Das Amt für Statistik und Stadtforschung hat genauer hingeschaut und eine Wahlanalyse zur Stadtverordnetenwahl veröffentlicht.
87.482 Wiesbadener:innen haben vergangene Woche ihre Stimme bei der Kommunalwahl abgegeben. Das sind 41,8 % aller Wahlberechtigten und somit 1,6 % weniger als 2016.
Spitzenreiter in Sachen Wählerinteresse war der Ortsbezirk Heßloch. Mit 69,1 % lag dort die Wahlbeteiligung um fast 30 Prozentpunkte höher als im gesamtstädtischen Schnitt. Auch in Frauenstein (60,2 %), Auringen (59,9 %), Naurod (59,7 %), Igstadt (58,4 %) und Kloppenheim (58,0 %) konnten sich noch erheblich mehr als die Hälfte aller Wahlberechtigten zur Stimmabgabe entschließen.
Am geringsten war die Wahlbeteiligung in den Ortsbezirken Amöneburg und Klarenthal. Mit 28,4 % und 32,2 % belegten sie die letzten Plätze in der Rangliste der Wahlbeteiligung. Auch in den beiden anderen "AKK-Stadtteilen" Kastel und Kostheim war die Wahlbeteiligung mit jeweils rund 35 % auffallend gering.
Bei der diesjährigen Wahl der Stadtverordnetenversammlung haben 58,8 % der Wähler:innen einen Wahlvorschlag unverändert angenommen. Von ihrem Gestaltungsspielraum durch das Nutzen des Kumulierens und Panaschierens haben 37 % der Wählerschaft Gebrauch gemacht. Der Anteil derer, die die vielfältigen Wahlmöglichkeiten nutzten, hat sich im Vergleich zur Kommunalwahl 2016 (38,8 %) leicht reduziert.
Die AfD Wähler:innen nutzten die Möglichkeit der "Persönlichkeitswahl" am wenigsten (22,7 %). Bei Die Partei war es das Gegenteil: 70,4 % deren Wähler:innen haben ihren Stimmzettel verändert.
Und wie sieht es bei der Briefwahl aus? Während 40,7 % aller Briefwähler:innen ihre Stimmzettel "veränderten", mochten sich von den Wähler:innen in den Wahllokalen nur 36,1 % dazu entschließen. Insgesamt lag der Anteil der Wähler:innen, die die Flexibilität des Wahlrechts nutzten und ihre Stimmzettel "veränderten", mit 38,6 % auf demselben Niveau wie vor fünf Jahren.
Erstmals in der Wiesbadener Wahlhistorie nutzte die Mehrheit aller Wähler:innen die Möglichkeit zur Briefwahl. 47.483 Stimmzettel kamen aus den Briefwahlbezirken, das entspricht 54,3 % aller Wähler:innen.
Insgesamt hatten 55.446 Personen einen Wahlschein beantragt. 48.019 gaben ihre Stimme tatsächlich ab, die meisten per Brief, die übrigen per Wahlschein im Wahllokal oder vorab persönlich im Wahlamt oder einer Ortsverwaltung. Damit liegt die "Rücklaufquote" bei 86,6 %.
Lediglich die CDU erhielt von Briefwähler:innen deutlich mehr Stimmen als aus den Wahllokalen. AfD Wähler:innen stimmten nur selten per Brief ab, dafür fällt der Stimmenanteil für die AfD in den Wahllokalen mehr als doppelt so hoch aus wie in der Briefwahl. Auch der Parteineuling Volt erzielte aus den Urnenwahlbezirken einen höheren Stimmenanteil als aus den Briefwahlbezirken.
In welchen Bezirken konnten die Parteien am Sonntag am besten abschneiden?
Die CDU hat über 14 Hochburgen in Wiesbaden. Sie konzentrieren sich auf die Ortsbezirke Nordost, Sonnenberg (jeweils 3 Wahlbezirke), Nordenstadt, Naurod und Breckenheim (je 2 Wahlbezirke). Heßloch und Frauenstein sind mit jeweils einem Wahlbezirk vertreten. Die CDU-Hochburgen zeichnen sich durch eine im Schnitt ältere Bevölkerung aus. Migrant:innen sind hier selten, Arbeitslosigkeit und Grundsicherungseinkommen spielen kaum eine Rolle.
Die Grünen verfügt unter allen Parteien über die höchste Anzahl an Hochburgen. Sie konzentrieren sich auf innerstädtische und innenstadtnahe Wohngebiete. In den Außenbezirken fehlen sie hingegen nahezu vollständig. In großen Teilen der Ortsbezirke Mitte und Westend/Bleichstraße (jeweils 6 Wahlbezirke), aber auch im Rheingauviertel/Hollerborn (3 Wahlbezirke) kann die Partei auf eine treue Anhängerschaft bauen. Die fünf übrigen Hochburgen der Grünen verteilen sich auf die Ortsbezirke Nordost, Südost und Biebrich. Wahlberechtigte unter 35 Jahren sind in den Hochburgen der Grünen überdurchschnittlich vertreten, Wahlberechtigte ab 65 Jahren unterdurchschnittlich. Die Bevölkerungsfluktuation ist hoch: viele Neubürger:innen, kaum "Alteingesessene".
Acht Wahlbezirke können derzeit in Wiesbaden als Vorranggebiete der SPD bezeichnet werden, davon liegen drei in Biebrich. Jeweils eine weitere sozialdemokratische Hochburg besteht in Südost, Erbenheim, Delkenheim, Amöneburg und Kastel. Die Altersverteilung der Wahlberechtigten in den SPD-Hochburgen weicht nur wenig von der in der Gesamtstadt ab. Dagegen ist der Migrant:innenanteil überdurchschnittlich. Die Arbeitslosigkeit und die Abhängigkeit von Transferleistungen liegen deutlich höher als im Schnitt.
Die AfD verfügt derzeit über 16 Hochburgen, von denen sechs in Dotzheim, fünf in Biebrich und drei in Klarenthal liegen. Dort konzentrieren sie sich auf die Großsiedlungen: Schelmengraben, Siedlung Sauerland, Gräselberg und Klarenthal-Nord. In Kastel und Kostheim gibt es jeweils einen Wahlbezirk, der als AfD-Hochburg gelten kann. Die wahlberechtigte Bevölkerung in den AfD-Hochburgen zeichnet sich durch einen hohen Migrant:innenanteil aus. Die Arbeitslosenquote ist überdurchschnittlich, die Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen stark ausgeprägt.
Die FDP verfügt über 15 Hochburgen. Sie konzentrieren sich auf Nordost (6 Wahlbezirke), Südost (5) und Sonnenberg (4 Wahlbezirke). Nur wenige Wahlberechtigte mit Migrationshintergrund leben in den FDP-Hochburgen, die sich – ähnlich wie die Hochburgen der CDU – durch höhere Bevölkerungsanteile von Älteren auszeichnen.
Die Linke in Wiesbaden hat ihre 15 Hochburgen hauptsächlich in innerstädtischen und innenstadtnahen Gebieten. Der komplette Ortsbezirk Westend/Bleichstraße mit seinen neun Wahlbezirken kann als Vorranggebiet der 28 Wiesbadener Linken bezeichnet werden, darüber hinaus drei Wahlbe-zirke in Mitte, zwei in Kastel und einer im Rheingauviertel/ Hollerborn. Ähnlich wie in den Hochburgen der Grünen lebt auch in den Vorranggebieten der Linken eine relativ junge Bevölkerung.
Gegenüber der letzten Kommunalwahl war in der Generation "60 plus" die Wahlbeteiligung rückläufig, was maßgeblich zur gesunkenen Wahlbeteiligung beigetragen hat. Dennoch beteiligten sich die Älteren immer noch stärker als die Jüngeren. Im Vergleich zur letzten Kommunalwahl ist ihr Wahleifer aber überproportional zurückgegangen. Bei den 70-Jährigen und Älteren sank die Wahlbeteiligung um fast fünf Prozentpunkte.
Verstärktes Engagement zeigten diesmal insbesondere die 21- bis unter 25-Jährigen und die 25- bis unter 30-Jährigen, deren Wahlbeteiligung um 9,9 bzw. 5,1 Prozentpunkte höher ausfiel als vor fünf Jahren. Auch von den 35- bis unter 40-Jährigen und den 50- bis unter 60-Jährigen gingen mehr zur Wahl als 2016.
Die Partei, die in der weiblichen Wählerschaft das höchste Votum erzielen konnte, sind die Grünen, für die fast 24% der Wählerinnen stimmten und einem Zugewinn von über 8 Prozentpunkten etspricht. Die größten Verluste verzeichnet die SPD mit - 6,9 Prozentpunkten gegenüber 2016. Bemerkenswert ist die Veränderung in der Wählerstruktur der Linken, die nach einer deutlichen Mehrheit an Männern in der Vergangenheit nunmehr in ihrer Wählerschaft einen Frauenanteil von etwas über 50 % aufweist.
Die deutliche numerische Dominanz an Männern innerhalb der Wählerschaft bei der AfD hat sich noch einmal verstärkt auf etwas über 67 %. Ebenfalls eine Tendenz zur bevorzugt von Männern gewählten Partei zeigt die FDP, die einen Zugewinn an Wählern von fast 5 Prozentpunkten und damit einen Männeranteil an ihrer Wählerschaft von ca. 57 % verbucht.
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Bild / Grafiken: Amt für Statistik und Stadtforschung