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Am Montag fand der Aktionstag „Beruf und Pflege vereinbaren – Herausforderung für Arbeitgeber, Politik und Beschäftigte“ im Wiesbadener Rathaus statt. Eingeladen hatte das Wiesbadener Bündnis für Familie und die Industrie- Handelskammer. Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Kristina Schröder war ebenfalls eingeladen. Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu stärken ist eine große Herausforderung, die eine gute Zusammenarbeit braucht, wies Schröder hin.
„Das Wiesbadener Bündnis für Familie geht mit gutem Beispiel voran und zeigt, wie es gelingen kann, mit unterschiedlichen Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft tragfähige Zeitbrücken für Familien zu bauen“, sagte Schröder. Mit der Anfang des Jahres eingeführten Familienpflegezeit gibt es Lösungen, die den Bedürfnissen der Beschäftigten ebenso wie den betrieblichen Interessen gerecht werden. "Die heutige Veranstaltung zeigt eindrucksvoll, wie wirtschaftlicher Erfolg und familienfreundliche Personalpolitik zusammenpassen“, sagte Dr. Kristine Schröder.
Die Veranstaltung, die sich gleichermaßen an pflegende Privatpersonen, wie an Fachleute und Personalverantwortliche aus Unternehmen richtete, fand im Rahmen des bundesweiten Aktionstags der Lokalen Bündnisse für Familie statt. Vom Infomarkt, über Fachvorträge, bis zu Workshops war alles dabei. In der Podiumsdiskussion machten die Teilnehmer ihre jeweiligen Positionen deutlich.
„Vereinbarkeit von Beruf und Familie war für mich persönlich noch nie auf die nachfolgende Generation, sprich die Kinder, fokussiert sondern schon immer auch auf die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter, wenn es darum geht die Pflege von Angehörigen zu bewältigen. Es ist wichtig, die komplette Bandbreite der familiären Verpflichtungen im Blick zu haben und gerade auch die besonderen Herausforderungen der Pflege zu enttabuisieren“, stellte Elisabeth Ganss, Geschäftsführerin von Dow Corning GmbH fest. Sie engagiert sich nicht nur in der Steuerungsgruppe des Bündnis für Familie sondern ist Kooperationspartnerin im Wiesbadener Verbundprojekt.
Sofie Geisel, Leiterin des Netzwerkbüros Erfolgsfaktor Familie weiß aus ihrer langjährigen Zusammenarbeit mit Unternehmen: „Schon heute gibt es in vielen Unternehmen mehr Beschäftigte, die sich um Angehörige kümmern als Eltern mit kleinen Kindern. Dieser Trend wird sich angesichts des demografischen Wandels verstärken, ebenso wie die Notwendigkeit, dass Unternehmen ihre Fachkräfte halten. Beruf und Pflege aus der Tabuzone zu holen und pflegende Beschäftigten so zu unterstützen, dass sie erwerbstätig bleiben können, ist daher zukunftsorientierte Personalpolitik im ureigenen Unternehmensinteresse."
„Als IHK nehmen wir in unserer Beratung wahr, dass die Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Pflege von Angehörigen an Bedeutung gewonnen hat. Grundsätzlich besteht Aufklärungsbedarf, denn Pflege ist häufig noch ein Tabuthema und die Pflegenden geben sich nicht zu erkennen. Führungskräften kommt deshalb eine besondere Rolle zu: Wenn sie sich damit auseinandersetzen trägt dies maßgeblich zur Sensibilisierung für das Thema im Betrieb bei“, erklärte Gordon Bonnet, Mitglied der Geschäftsführung der IHK Wiesbaden. „In vielen Unternehmen bestehen informelle Absprachen mit den Vorgesetzten und Kollegen. So können ohne bürokratische Hürden bedarfsgerechte Lösungen gefunden werden. Mögliche Maßnahmen sind beispielsweise flexible Arbeitszeiten, Teamarbeit, Heimarbeitsplatz, Beratungsangebote oder finanzielle Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen.“
Das Netzwerk Pflege innerhalb und außerhalb des Unternehmens wächst, die Kommunikation des Themas gewinnt an Raum. Wir sind mit unseren Erfahrungen und Maßnahmen zum Komplex Beruf und Pflege in einem guten Austausch, der den betroffenen Beschäftigten und den Unternehmen hilft, die Herausforderung konstruktiv anzupacken. Gute Unterstützung dabei liefert mit entsprechender Fachexpertise das Audit „berufundfamilie“, das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ und punktuell auch der bundesweite Aktionstag der Bündnisse für Familie, wie am 14. Mai in Wiesbaden.“
Immer mehr Menschen pflegen ihre kranken Angehörigen und erleben konkret wie sich diese zusätzliche Aufgabe und Verantwortung auf ihren Arbeitsplatz, die eigene Familie und ihr Lebensumfeld auswirkt. Da Pflege häufig plötzlich und unerwartet eintritt, ist sie schwer planbar und kann sich von geringem Aufwand bis zu extremer Belastung steigern. Verstärkt wird dies auch durch die Auseinandersetzung mit Krankheit, Alter, Tod und dem möglichen Sterben eines nahe stehenden Menschen. Erwerbstätige die Pflege und Beruf vereinbaren, brauchen hierfür Unterstützung. Gerade auch vor dem Hintergrund des steigenden Fachkräftebedarfs wird das Thema Vereinbarkeit Pflege und Beruf in der Personalpolitik von Unter-nehmen und Betrieben eine zunehmende Rolle spielen. Ebenso ist die Politik gefragt.
Das Wiesbadener Bündnis für Familie hat gemeinsam mit Wiesbadener Unternehmen bereits im Februar 2011 das Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf aufgegriffen und bietet seitdem in einem Verbundprojekt ein Kompetenztraining zur Unterstützung von pflegenden Erwerbstätigen sowie Seminare zur Burnout-Prophylaxe für Pflegende an. Inzwischen haben dazu drei
Veranstaltungsreihen mit zwölf Einzelterminen stattgefunden. Eine Erweiterung des Projektes ist geplant.
Symbolfoto