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Schon der Einzug der Vereine ist bei der Dacho-Prunksitzung ein echter Genuss. Da bei der Sitzung in der Session 2017 die Maximalbelastung der Bühne erreicht wurde, musste ein Teil der Närrinnen und Narren vor der Bühne Aufstellung nehmen, was am Ende ein noch prächtigeres Gesamtbild ergab. Das Kinderprinzenpaar Laura I. und Fabian hielt seine Rede zur Eröffnung und Sitzungspräsident Taschler verriet, dass dies gar nicht so selbstverständlich sei, denn Prinzessin Laura I. lag noch bis zum Vortag im Krankenhaus.
Danach gehörte die Bühne dem „Deutschen Michel“ Bernhard Knab vom Karneval Club Kastel (KCK). Er steht seit fast 40 Jahren in der Bütt und bereits zum 13. Mal bei der Dacho im Kurhaus. Mit einem Parforceritt durch die nationale und internationale Politik, legt er die Finger in so manche Wunde der Bürger, die dies mit viel Applaus goutierten. Ob Jamaika oder Groko, Diätenerhöhung oder der Niedergang von Kanzlerkandidat Schulz am Beispiel von Hunderassen Knab scheute vor nichts zurück und gab noch eine Empfehlung zum zukünftigen Umgang mit der AfD. Da forderte er Taten und Argumente statt Gewalt und Phrasen. Auch Trump und Erdogan bekamen ihr Fett weg und auch das Privatfernsehen nahm er aufs Korn. Mit einem coolen Abschlussrapp verabschiedete sich vom Publikum, das ihn mit viel Applaus bedachte.
26 Tänzerinnen aus14 Vereinen, das ist die Dacho-Stadtgarde mit ihren Trainerinnen Sarah Weinerth und Niki Strahl-Milz sowie der Betreuerin Karin Dostal vom Gusbacher Karnevalsverein. Diese bunte Truppe überzeugt mit ihrer perfekten Choreographie und den synchron getanzten Figuren. Mit einem wunderschönen Schlussbild überzeugten sie das Publikum und bekamen rauschenden Applaus. Und auch Sitzungspräsident Taschler glänzte und stellte jede Tänzerin perfekt mit Namen vor.
Ein Karnevals Urgestein ist Jürgen Wiesmann vom Mainzer Carneval Club. In seiner Paraderolle als Ernst Lustig bereitete er sich in diesem Jahr auf sein neues Leben als Opa vor. Wer Wiesmann aus der Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz kennt“ weiß, dass ihm das nicht leicht fällt. Das Publikum genoss seinen Leidensweg und jeder Lacher kam aus vollem Herzen. Das Ende sei hier nicht verraten, vielleicht treffen Sie Wiesmann man ja noch am Faschingsfreitag im Fernsehen.
Danach ging es mit Julius Müller auf eine Musikalische Reise durch die Pop- und Schlagerwelt. Egal ob Parodie, Interpretation oder als Doppelgänger von Udo Jürgens oder Joe Cooker – Müller hat nicht nur den Samba Hüftschwung drauf sondern auch das Talent, einen ganzen Saal von den Stühlen zu reißen.
Ruhiger wurde es bei Peter Kuhn, als Chemielaborant einer Kläranlage. Mit viel Wortwitz und chemischen Vergleichen „Lindern ist wie Helium, er verflüchtigt sich schnell“, forderte er bei seinem anspruchsvollen Vortrag vom Publikum die ganze Aufmerksamkeit. Kuhn ist seit 1991 Büttenredner bei der Fastnachtsgesellschaft „Schwarze Elf Schweinfurt“ und hat die Dacho schon mit vielen ausgezeichneten Reden beeindruckt. Seit 2007 ist er zudem Mitglied des „Närrischen Diplomatischen Corps“ der Dacho.
Bereits 20 Jahre tanzen die „Shining Motions“ durch die Fastnacht und noch immer sind vier Gründungsmitglieder mit von der Partie. Die 30 Tänzerinnen überzeugten mit einer perfekt synchron getanzten Formation und atemberaubenden, selbstgeschneiderten Kostümen. Das Publikum war begeistert und feierte das Gardeballett mit Standing Ovations, die auch die Arbeit der Betreuerin Conny Weber und die der Trainerinnen Christina Weber, Sabine Becker und Fabienné Hüsgen mit einschloss.
Guntram Eisenmann war diesmal als Einmann-Doppelspitze dabei. Als künstlerischer Leiter ist er einerseits für die wunderbare Dekoration zuständig und als Gewinner der Wildcard auch als Redner mit seinem alter ego, dem „Mann vom Altpapier“. Der Sitzungspräsident des Nordenstadter Carnevals und Brauchtumsvereins überzeugte auch das anspruchsvolle Publikum im Friedrich-von-Thiersch-Saal und erhielt ebenfalls langanhaltenden, stehenden Applaus. Auch 2018 spendet Eisenmann seine kompletten Gagen aus der Session für einen guten Zweck. Mit dem Geld unterstützt Eisenmann den Verein „Barrierefrei Starten“.
Er kann es und er tut es. Dirk Scheffel nennt sich „Der schnellste Xylophonist des Universums“ und lieferte rasant schnelle Proben seines Könnens auf der närrischen Rostra ab. Dabei kommt vielleicht die Romantik etwas zu kurz, wenn er, wie im Falle seiner ersten Freundin die drei minütige Ballade „Lady in red“ in 7,8 Sekunden vorträgt. Akrobatisch fliegende Löffelschlägel und Kokolores sind sein Fachgebiet und selbst mit verbundenen Augen traf er die richtigen Töne.
Mit den Kammerkätzchen und Kammerdienern, besuchte ein Stück original Kölner Karneval die die Landeshauptstadt. In typischer Garde-Manier mit einer Mischung aus Tanz, Artistik und Akrobatik, folgen die Tanzmariechen hoch über der Bühne. Ein Augenschmaus für alle im Saal und frenetisch gefeiert.
Was wäre die Wiesbadener Fastnacht, wenn nicht auch ein echter Meenzer zu Besuch käme. Adi Guckelsberger, Sitzungspräsident beim Mainzer-Carneval-Verein gab sein bestes als Nachtwächter mit seinem Mitmachvortrag, der den Saal begeisterte.
Bevor zum Schluss die Spaßmacher Company mit Stimmungsmusik zum Ausklang nochmal alle von den Stühlen holten, zeigte die Männershowtanzgruppe „Die Atzmann-Tornados“ mit ihren 20 Tänzern, dass Männerballett in der Fastnacht schon lange über lustige, dicke Männer in Tütüs hinausgewachsen ist. Eine tolle Show mit glitzernden Kostümen und einer perfekten Choreographie.
Fünf Stunden Fastnacht vom Feinsten vergingen wie im Flug und hinterließen ein begeistertes Publikum. Präsident Taschler verabschiedete das Publikum mit einem großen Konfetti- und Luftballonreden in den Rest des Abends. Wer dann noch nicht genug hatte, feierte im Wintergarten noch bei der Konfettiparty bis in die Nacht zur Musik der Band PopAlpin.
Zufrieden waren auch Melanie und Ralf Borrelli, die Gewinner der Eintrittskarten beim wiesbadenaktuell.de Gewinnspiel. "Wir sind das erste Mal bei der Dacho-Prunksitzung. Das wir so tolle Plätze, ganz nah an der Bühne haben, hätten wir nicht erwartet", sagten die beiden und strahlten glücklich.
Ein kleines Fragezeichen blieb jedoch zurück. Wo waren die Vorträge und Büttenreden mit Lokalkolorit? Kein Wort zu CityBahn und Walhalla, Einzelhandelssterben und Kehrordnung, Museumsneubau, Bürgerbeteiligung, Bundestagswahlergebnis in Wiesbaden und viele andere Themen, die die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener im letzten Jahr bewegten? Wo, wenn nicht an Fastnacht sollten solche Themen "charmant" auf den Tisch kommen? Geht auch hier alles im Einheitsbrei des „wir haben uns alle lieb“ unter?
Eine Frage, die man stellen muss, wenn die Fastnacht nicht völlig zum "Mallorca des Februars" verkommen soll, weil nicht mal mehr die Narren gekonnt „das spitze Schwert Wortes“ führen.
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Fotos: Daniel Becker