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Der Widerstand gegen die CityBahn in ihrer jetzt geplanten Form hat sich in Wiesbaden in einer Bürgerinitiative formiert. Die Mitglieder tragen Argumente gegen einen schienengeführten ÖPNV zusammen und möchten so Bürgern wie Stadtverordneten einen anderen Blick auf die Planungen näherbringen als den, den die Verantwortlichen in der Stadt skizzieren.
Bereits am 7. Dezember hat sich die BI Mitbestimmung CityBahn mit einem Brief an die Stadtverordneten der Landeshauptstadt Wiesbaden gewandt (WA berichtete), um sie im Hinblick auf die Präsentation der Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) am 12. Dezember über das Anliegen der BI zu informieren. In diesem Brief wurden unter folgende Punkte dargelegt:
Forderung 1
Die BI will, dass die Wiesbadener Bürger bei dem Projekt Citybahn über das „Ob“ einer Citybahn mitbestimmen, anstatt wie zurzeit geplant nur über das „Wie“.
Forderung 2
Bi fordert Transparenz und Ehrlichkeit über die zukünftigen Folgen, die eine positive Entscheidung der Stadtverordneten zum Projekt CityBahn für die Wiesbadener Bürgern/innen zwangsläufig haben würde. Pressemeldungen und Aussagen wie, die CityBahn „kostet die Stadt Wiesbaden 19 Millionen Euro und sei ein Schnäppchen“, sind schlicht unwahr.
Den Bürgern wird der Eindruck vermittelt, dass die Vorstellung der positiven NKU am 12. Dezember der Auslösung von Fördermitteln durch Bund und Land gleichkommt. Dem ist mitnichten so. Ein positiver Nutzen-Kosten-Indikator >1 stellt keine Garantie für Subventionen dar und ersetzt auch sonst nicht das Prüfungsverfahren des Zuwendungsgebers, sondern ist die erste Voraussetzung für den Antrag auf diese Gelder.
Maßgeblich für die Beurteilung der Förderwürdigkeit eines Vorhabens ist allein der Zeitpunkt der Entscheidung über die Zuwendungen. Dieser Zeitpunkt liegt in der Regel nach Planfeststellung eines Vorhabens, weil erst dann Kostenberechnungen für die Investitionen auf der Grundlage der Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4 nach HOAI) beziehungsweise der Ausführungsplanung (Leistungsphase 5 nach HOAI) vorliegen und somit weitgehend abgesichert sind. (Quelle, Standardisierte Bewertung Version 2016, Verfahrensanleitung, S. 10, 1. Absatz).
Demnach muss aller Voraussicht nach bei Abschluss des Planfeststellungsverfahrens eine weitere aktualisierte NKU erstellt werden. Es ist zu erwarten, dass dieses Verfahren sich infolge zahlreicher Einwendungen in die Länge zieht und dass die Baukosten der CityBahn bis zu diesem Zeitpunkt weiter steigen werden. So geht der Rheingau-Taunus-Kreis von Mehrkosten von bis zu 40 Prozent aus (siehe Tagespresse). Ob eine aktualisierte NKU in zirka 4 bis 5 Jahren noch einen positiven Nutzen-Kosten-Indikator > 1 erbringen würde, muss auch nach dem 12. Dezember als ungewiss angesehen werden!
Die Bürgerinitiative Mitbestimmung CityBahn fordert daher, den Wiesbadener Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einzuschenken und ihnen jetzt offen und ehrlich zu sagen, dass man nun zwar weitere Millionenbeträge für Planungskosten sowie für diverse Kommunikationsmaßnahmen ausgeben wird, jedoch ohne echte Gewissheit darüber zu haben, ob und wie das Projekt CityBahn tatsächlich später gefördert wird und welche restlichen Kosten die Stadt selbst tragen müsste. Die Realität öffentlicher Bauprojekte lehrt, dass die Kostenschätzungen vor Baubeginn nicht den tatsächlichen Kosten am Ende entsprechen, aktuelle Beispiele wie die Mainzelbahn, Stuttgart 21, BER, zeigen das.
Das Projekt CityBahn wird in der öffentlichen Debatte meist verkürzt als eine erste Teilstrecke zwischen der Fachhochschule und der Theodor-Heuss-Brücke dargestellt. Alleine für die Einrichtung dieser Teilstrecke berechnet die Stadtkämmerei nach Abzug der denkbaren Fördermittel den Eigenanteil für die Wiesbadener Stadtkasse mit rund 80 Millionen Euro. Darin sind noch nicht die späteren Unterhaltungskosten für diese Teilstrecke eingerechnet, die in die Millionen gehen werden. Es ist auch nicht transparent dargestellt, geschweige denn berechnet, welche weiteren Kosten auf die Stadt bei der beabsichtigten Erweiterung der Gleisstrecke nach Klarenthal und ins Kohlheck zu kommen.
Da aber der „erste Baustein“ von und nach Bad Schwalbach über Wiesbaden, zum Hauptbahnhof Mainz, laut Nahverkehrsplan 2015, nur Teil eines künftigen „CityBahn-Gesamtnetzes“ sein soll, gebietet es auch hier die Ehrlichkeit, die Bevölkerung über das Gesamtkonzept und die in Wiesbaden beabsichtigte Verkehrswende weitreichend aufzuklären, welche unter dem Strich mit Sicherheit ein Milliardenprojekt wäre.
Laut den kürzlich veröffentlichten „Wiesbadener Stadtanalysen 2016“ sind ca. 67,2 Prozent der Befragten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (sehr) zufrieden und nur ca. 8,2 Prozent (sehr) unzufrieden. Bei den Wünschen nach Verbesserungen im ÖPNV haben lediglich zirka 3 Prozent der Befragten angegeben, die Schaffung eines Schienenverkehrssystems zu wünschen.*
Sollte die Mehrheit der Stadtverordneten die Auffassung vertreten, in Wiesbaden müsse mit der CityBahn ein solches Schienenverkehrssystem neu eingerichtet und damit die Stadt und der städtische Haushalt über viele Jahrzehnte an eine solche Verkehrstechnologie gebunden werden, dann bedeutet dies nicht, dass dies dem Bürgerwillen entspricht, da die CityBahn bei der letzten Kommunalwahl kein Thema war und die Wählerinnen und Wähler darüber nicht abstimmen konnten.
Die CityBahn sollte somit nur mit der ausdrücklichen Zustimmung und einer mehrheitlichen Akzeptanz der Wiesbadener Bürger/innen realisiert werden!
Die BI appelliert daher an die Stadtverordneten, sich nicht einer etwaigen Fraktionsdisziplin zu unterwerfen, sondern ihrem Gewissen zu folgen und die Möglichkeit eines Bürgerentscheids herbeizuführen, ob die Bewohnerinnen und Bewohner die Einrichtung einer CityBahn und eine Verkehrswende in Wiesbaden wünschen.
Hierzu sei ihnen die nachfolgende gesetzliche Bestimmung in der Hessischen Gemeindeordnung ans Herz gelegt: Paragraph 8b HGO: Auch die Gemeindevertretung kann anstelle einer eigenen Entscheidung die Durchführung eines Bürgerentscheids beschließen; der Beschluss bedarf der Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder [Vertreterbegehren]).
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*Anlage 1, Anlage 2,
Mehr Informationen zur Arbeit der Bürgerinitiative „Mitbestimmung CityBahn“ finden Sie auf der Webseite.
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