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Vor über einem Jahr wurde die alte Videoschutzanlage in der Landeshauptstadt Wiesbaden modernisiert und erweitert. Nach rund 15 Monaten in Betrieb, zogen der Ordnungsdezernent und Bürgermeister, Dr. Oliver Franz, sowie der Präsident des Polizeipräsidiums Westhessen, Stefan Müller, am Dienstag, 15. Juni, eine mehr als positive Bilanz.
Offiziell in Betrieb genommen wurde die Videoschutzanlage im August 2020. Vorausgegangen war eine mehrmonatige Testphase seit März 2020. Währenddessen wurde eine fehlerfreie Funktion überprüft und Beamt:innen der Landespolizei sowie Bedienstete des Ordnungsamtes der Stadt Wiesbaden in der Bedienung der Anlage geschult. Bei der Neuinstallation wurden insgesamt 72 hochauflösende Kameras inklusive modernster Auswertetechnik in zwei Schutzzonen installiert. Vorher hatte die Wiesbadener Polizei in umfangreichen Auswerteprozessen den “Platz der Deutschen Einheit“ mit Teilen der angrenzenden Straßen sowie den Bahnhofsvorplatz inklusive der Zuwegung zum ehemaligen Schlachthofgelände als Überwachungsbereiche ausgewählt und der Stadt vorgeschlagen.
Die von der Polizei ermittelte Datengrundlage wurde später durch die Ergebnisse einer von der Stadt Wiesbaden initiierten Bürgerbefragung bestätigt. Hier hatten Bürg:innen beide Areale als „Angsträume“ benannt.
Die Videoschutzanlage wird präventiv regelmäßig bei Einsatzmaßnahmen der Wiesbadener Polizei genutzt. In der gemeinsamen Einsatzkonzeption von Stadt und Polizei, "Gemeinsam sicheres Wiesbaden", spielt sie ebenfalls eine wichtige Rolle. Parallel zu den Einsatzkräften, die in der Innenstadt unterwegs sind, sitzt eine Polizistin oder ein Polizist am Auswerteplatz im 1. Polizeirevier und sichtet die Bilder der Überwachungskameras mit folgenden Fragestellungen:
Bei entsprechenden Auffälligkeiten werden die zivilen und uniformierten Kräfte dann über Funk zum Kontrollort gelotst.
Auch bei Hinweisen aus der Bevölkerung können Polizei und Ordnungsamt noch schneller und vor allem zielgerichteter reagieren. Bestätigt sich der Hinweis und können Feststellungen getroffen werden:
Immer wieder führt auch eine präventive Überwachung der übertragenen Live-Bilder zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten. In den vergangenen Monaten wurden auf diese Art und Weise Fälle, wie zum Beispiel eine „gefährliche Köperverletzung mit Messer oder der Handel mit Betäubungsmittel detektiert, Kräfte alarmiert und zum Tatort entsandt“, berichtete Polizeidirektorin Susanne Rohlfing.
Weiterhin kam es im April 2021 zur Festnahme einer per Haftbefehl gesuchten Person. „Im Vorfeld konnten über die Videoschutzanlage zwei Männer beobachtet werden, welche mit Böllern hantierten. Bei einer Überprüfung der Personen wurde dann der vorliegende Haftbefehl bekannt“, schilderte Rohlfing.
Auch bei einem Vermisstenfall, leistete die Videoschutzanlage ihren Beitrag für ein glückliches Ende: Anfang Mai 2021 wurde der Wiesbadener Polizei ein ausgebüxter Jugendlicher gemeldet der in medizinischer Behandlung war. „Der Junge konnte über die am Hauptbahnhof installierten Kameras erkannt und an die Erziehungsberechtigten übergeben werden“, berichtete erfreut die Polizeidirektorin.
In der Leitstelle des Polizeipräsidiums Westhessen werden die Videoaufnahmen permanent auf vier große Bildschirme in den Bereich übertragen, in dem die Notrufe rund um die Uhr angenommen und Einsätze disponiert werden. Darüber ist nicht nur die Live-Beobachtung immer wieder gewährleistet, sondern auch bei Lagen im videoüberwachten Bereich zeitnah eine erweiterte Beurteilung möglich, welche die Erstmaßnahmen zielgerichteter steuern lässt.
Die Aufnahmen können an insgesamt vier Standorten der Wiesbadener Sicherheitsbehörden eingesehen werden: Der Stadtpolizeiwache in der Mauritiusgalerie, dem 1. Polizeirevier am Platz der Deutschen Einheit, der Leitstelle des Polizeipräsidium Westhessen am Konrad-Adenauer-Ring sowie bei Bedarf in der polizeilichen Befehlsstelle der Brita-Arena.
Mit Hilfe der neuen Videoschutzanlage ermittelte das Polizeipräsidium Westhessen von März 2020 bis Mai 2021 insgesamt 86 Tatverdächtige. Sie wurden bei der Tatbegehung (64 Fälle) oder in der Vor- oder Nachtatphase (22 Fälle) videografiert. Mit Hilfe der generierten Aufnahmen konnten Tathandlungen genauer nachvollzogen, Ermittlungen zielgerichteter gesteuert und Lichtbilder von Tatverdächtigen abgerufen werden.
Polizeidirektorin Rohlfing erklärte: „Immer wieder wurden die Kameras ihrer bedeutenden Rolle als „neutrale Zeugen“ gerecht. Lichtbilder und Videoaufzeichnungen lügen nicht, Aussagen von Opfern, Tätern und Zeugen können auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und Geschehnisse beweissicher festgehalten werden.“
Bei den 86 Delikten handelte es sich unter anderem um 34 Körperverletzungsdelikte, fünf Raubstraftaten, fünf Widerstandshandlungen, zwölf Diebstähle, zwei Verstöße gegen das Waffengesetz, drei Handel mit Betäubungsmitteln, drei Bedrohungen und drei Sexualdelikte. Der gravierendste Fall war ein versuchtes Tötungsdelikt im Sommer 2020. „Es geht nicht nur darum die Täter zu überführen, sondern auch um Gerechtigkeit für die Opfer, die zum einen seelisch gelitten haben und auch weitere Rechtsansprüche haben“, schilderte Rohlfing.
„Nach über einem Jahr Echtbetrieb hat dieser wichtige Baustein der Wiesbadener Sicherheitsarchitektur seinen Nutzen mehr als unter Beweis gestellt. Innerhalb des Auswertezeitraumes konnten wir mit Hilfe der Videoschutzanlage im Schnitt jeden Monat fast sechs Straftaten klären. Sie ist aus der Ermittlungsarbeit nicht mehr wegzudenken“, resümierte der Polizeipräsident des Polizeipräsidiums Westhessen, Stefan Müller.
Bürgermeister Dr. Franz unterstrich die Wichtigkeit einer reibungslosen Zusammenarbeit zwischen Stadt und Polizei zum Wohle aller Wiesbadenerinnen und Wiesbadener: „Videoschutzanlagen helfen Straftäter zu identifizieren, festzunehmen und zu bestrafen. Mit Hilfe der Videoschutzanlage wurden innerhalb eines Jahres 86 Täter ermittelt. Das ist eine beindruckende Zahl. Dies zeigt wie wichtig ein gutes Miteinander und eine zielgerichtete Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Wiesbaden ist.“
Der Leiter der Stadtpolizei, Hans-Peter Erkel, erläuterte für den Bereich der Stadtpolizei, dass auch für seine Mitarbeit:innen die Videoüberwachung eine absolut gewinnbringende Ergänzung des täglichen Dienstes darstellt. „In knapp 60 Fällen griffen wir zur Unterstützung unserer Maßnahmen auf die Videoschutzanlage zurück. Gerade zur Überwachung der Alkoholverbotszone und bei den durchgeführten Präsenzstreifen setzen meine Kolleginnen und Kollegen auf die neuen technischen Möglichkeiten und unterstützen aus der Zentrale der Stadtpolizei die Kräfte vor Ort.“
Die Aufnahmen werden zehn Tage gespeichert und anschließend automatisiert gelöscht. Sollten sich allerdings straftet relevante Aufzeichnungen darunter befinden, dann werden diese für die Ermittlungen gesichert, so Müller.
Beispielhafte Einzelfälle wurden von Rohlfing vorgestellt: Im Juli 2020 hielten sich zwei Jugendliche auf dem Schlachthofgelände auf, als es zu einem Streit mit vier zunächst unbekannten Personen kam. Hierbei setzte eine Person aus der Tätergruppierung ein Messer ein, bedrohte einen Jugendlichen und verletzte den zweiten lebensgefährlich. Die Tätergruppierung konnte auf der Aufzeichnung der Videoschutzanlage im Bereich Hauptbahnhof/Zuwegung zum ehemaligen Schlachthofgelände festgestellt werden. Die Bilder führten über eine ehemalige Mitarbeiterin des Haus des Jugendrechts zur schnellen Identifizierung und raschen Festnahme des Beschuldigten einen Tag nach der Tat.
„Ohne die Auswertung der über die Videoschutzanlage generierten Aufnahmen wäre es auch nicht möglich gewesen, rund 30 Taten aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität aufzuklären und den Beschuldigten zu ermitteln", so die Polizistin. Seit dem Jahreswechsel 2019/2020 tauchten im Stadtgebiet von Wiesbaden immer wieder volksverhetzende Schriftbilder und rechtsorientierte Aufkleber auf. Im April 2020 wurden entsprechende Parolen auch im Bereich des Hauptbahnhofs festgestellt. „Über die Aufnahmen am ehemaligen Schlachthofgelände ergaben sich die entscheidenden Ermittlungsansätze, welche schlussendlich zur Tatklärung führten", erklärte Rohlfing.
Eine räuberische Erpressung, der zwei 13- und 15-Jährige Ende Mai 2020 zum Opfer fielen, konnte ebenfalls geklärt werden. Die zwei Jungen waren zunächst in der Wiesbadener Innenstadt unterwegs, bevor sie dann zu Fuß ihren Nachhauseweg antraten. In der Nähe ihrer Wohnanschrift sprachen drei Täter die Geschädigten an, ohrfeigten diese, zeigten zur Untermauerung ihrer Forderung ein Messer und forderten Handys und Wertgegenstände. Schnell wurde klar, dass die Täter ihre Opfer mutmaßlich schon in der Stadt verfolgt und "ausgespäht" hatten. Demnach wurde der Laufweg rekonstruiert und festgestellt, dass man sich in einem videoüberwachten Bereich aufgehalten hatte. Bei einer Sichtung der entsprechenden Aufzeichnungen konnten Täter und Opfer festgestellt werden. Die Lichtbilder der Videoschutzanlage verhalfen im Zusammenspiel mit weiteren Ermittlungen letztendlich zur Identifizierung der Täter.
Auch zur Aufklärung einer im April 2020 begangenen Vergewaltigung, welche in den letzten Wochen vor Gericht verhandelt wurde, leistete die Videoschutzanlage einen wichtigen Beitrag. Die Geschädigte hatte sich mit einem Bekannten am Platz der Deutschen Einheit verabredet. Als die Geschädigte auf ihren Bekannten traf, war dieser in Begleitung von zwei weiteren männlichen Personen. Diese kannte die Geschädigte von einem ersten Treffen am Vortag lediglich flüchtig. Alle vier Personen begaben sich sodann mit dem Bus nach Dotzheim und gingen dort auf eine nahegelegene Baustelle. Hier kam es zu mehrfachen schweren sexuellen Übergriffen zum Nachteil der Geschädigten. Anhand der Angaben, sowie der Personenbeschreibung der Geschädigten zu den Tätern, konnten bei der Überprüfung der Videoschutzanlage am Platz der Deutschen Einheit zum einen die Angaben der Geschädigten bzgl. des dortigen Treffens verifiziert, zum anderen wurden Lichtbilder der zwei noch unbekannten Täter extrahiert. Die bis dahin noch unbekannten Täter konnten in der Folge bei Recherchen über die sozialen Netzwerke ermittelt werden. Zum Abschluss des Verfahrens wurden die Täter zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Bürgermeister Dr. Franz und Polizeipräsident Müller stellten abschließend nochmals heraus, dass die Neuinstallation und Erweiterung der Wiesbadener Videoschutzanlage ein gelungenes Beispiel für die gute Zusammenarbeit von Stadt und Polizei in der Landeshauptstadt ist. Die arbeitsintensive Vorarbeit beider Projektpartner zahlt sich tagtäglich zum Nutzen der Wiesbadenerinnen und Wiesbadener aus, insbesondere auch zur Stärkung des Sicherheitsgefühls an neuralgischen Punkten in der Innenstadt.
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Grafiken: Polizei Wiesbaden