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Das Brücken-Gate von Wiesbaden hat in wenigen Stunden sein Vorläufiges Ende. Mit Sprengstoff und zwei heftigen Detonationen werden die beiden 310 Meter langer Beton-Kolosse in die "Knie" gezwungen.
Das Drama in mehreren Akten um die marode Salzbachtalbrücke fing im Januar 2019 an. Hessen Mobil (heute "Die Autobahn GmbH") stellte damals bei einer Überprüfung fest, dass eine Baufirma Montageelemente fehlerhaft angebracht hatte und zusätzlich Bohrungen die Tragfähigkeit der Brücke stark beeinträchtigen. Am 18. Juni diesen Jahres dann der Super-Gau. An diesem Freitag stürzten von der im Jahr 1963 fertiggestellten Salzbachtalbrücke Betonbrocken herab auf die darunter verlaufenden Mainzer Straße. Anschließend entdeckte man, dass sich ein Pfeiler zur Seite geneigt hatte und die Brücke dadurch eine Delle bekam.
Die beiden Brückenbauwerke wurden vor rund 60 Jahren für circa 20.000 Fahrzeugen pro Tag geplant. Seit 1985 musste sie aufgrund des zunehmenden Verkehrs immer wieder verstärkt werden. In den vergangenen Jahren fuhren rund 90.000 Fahrzeuge täglich darüber. Seit 2009 war bekannt, dass die Brücke marode ist und dringend erneuert werden muss.
Diese Sperrung bescherte Wiesbaden einen Verkehrs-Albtraum. Besonders zu Rushhourzeiten ging fast nichts mehr auf den Straßen in und rund um die Stadt.
Mehrere Buslinien müssen seit Juni umgeleitet werden und bringen damit den Zeitplan des ÖPVN sowie vielen Pendler:innen durcheinander.
Außerdem kann seit dem Kollaps der Wiesbadener Hauptbahnhof bis auf die Ländchesbahn und einzelnen ICE´s aus Frankfurt von keinen weiteren Zügen angefahren werden, ist quasi damit vom Fern- und Nahverkehr abgeschnitten.
Jetzt kommt Hoffnung in das Dilemma. Am Samstag (6. November) wird die marode Brücke in die Luft gejagt und damit der wichtige und entscheidende Grundstein für einen schneller und rasche Wiederaufbau gelegt.
Alle Vorbereitungen für die Sprengung laufen auf Hochtouren und das Team von der Autobahn GmbH sowie von Sprengmeister Eduard Reisch sind gut im Plan.
Noch noch das Wetter könnte der Sprengung einen Strich durch die Rechnung machen. Allerdings sieht es nicht danach aus, denn die Meteorologen sagen für Samstag gutes November-Wetter voraus. Mittags ist es leicht bewölkt bei neun Grad, leichter Wind, kein Regen oder Nebel - welcher den großen Knall noch hätte verhindern können.
In den letzten Wochen wurde die Sprengung intensiv und akribisch vorberietet. Zunächst musste die havarierte Brücke notstabilisiert werden, damit man unterhalb des Bauwerks auch sicher sowie gefahrenlos arbeiten konnte.
Die kontrollierte Sprengung soll keine weiteren Schäden an der Infrastruktur, Straßen, Bahngleise, Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Glasfaserkabel) verursachen. Nachschließend wurden rund 1.200 Löcher für den Sprengstoff gebohrt, 1.160 elektrische Zünder angebracht und 15.300 Meter Zündleitungen verlegt.
Am Sprengtag wird ein Sicherheitsbereich von 250 Metern um jeden der Sprengpunkte abgesperrt. In dem Gebiet liegen unter anderem das Hauptklärwerk von Wiesbaden in Klärwerk, der Biebricher Friedhof, die Sektkellerei Henkell-Freixenet, das Wiesbadener Tierheim und mehrere Wohnhäuser. Rund 140 Menschen müssen ihre Wohnungen am Morgen verlassen.
Für Rückfragen hat die Stadt Wiesbaden von Donnerstag, 4. November, bis Samstag, 6. November, ein Bürgertelefon unter der Nummer 0611 / 316041 eingerichtet. Dort werden Fragen zur Evakuierung, Straßensperrungen und der Sprengung beantwortet.
Das Telefon ist am Donnerstag von 7:45 bis 16:00 Uhr besetzt, am Freitag von 7:45 bis 18:00 Uhr sowie am Samstag von 6:45 Uhr bis zum Ende der Maßnahme.
Nur wenige Meter unter der Nordbrücke liegt Zentralklärwerk, dessen Ausfall sich die Landeshauptstadt nicht leisten kann. Zum Schutz der Anlage wurden Wälle aus 60.000 Tonnen Sand aufgeschüttet, Betonsicherungen an Kanälen und Leitungen aufgebaut und Sprengschutzmatten an den Nachklärbecken verlegt.
Das Klärwerk wird während der Sprengung nicht vollständig stillgelegt, nur einzelne Aggregate kurzzeitig abgestellt. Die Qualität der Abwasserreinigung sei nicht gefährdet, teilte die ELW mit. Kameras überwachen, ob herabfallende Betonstücke der Brücke, die weg vom Klärwerk gesprengt wird, in die Becken fallen.
Rund 250 Meter von der Brücke entfernt liegt das Tierheim des Wiesbadener Tierschutzvereins. Hunde, Katzen und Kleintiere werden aus der Evakuierungszone verlegt und zum Teil andernorts untergebracht. Einige Hunde zum Beispiel ziehen für das Wochenende in Hundepensionen.
Viele Tiere, die während der Sprengung im Tierheim bleiben, während in dieser Zeit von Pfleger:innen medizinisch betreut. Die Außengehege werden wegen der hohen Staubentwicklung abgedeckt, Rollläden in den Hundehäusern geschlossen und die Außengehege mit Planen abgedeckt.
Bereits ab Freitag, 5. November, von 18:00 Uhr bis Sonntag, 7. November, circa 10:00 Uhr, wird die B263 in Fahrtrichtung Biebrich - über den Bypass - gesperrt.
Die Verkehre von der A66 in Fahrtrichtung (Rheingau) wird ab Samstagvormittag bereits an der Anschlussstelle Erbenheim über die B455 umgeleitet. Überörtliche Umleitungen werden ausgeschildert. Auch örtliche Straßen nördlich und südlich der Brücke sind von Sperrungen betroffen. Das Straßenverkehrsamt bittet eindringlich darum, die Bereiche Mainzer Straße stadtauswärts, B263 und Amöneburger Kreisel möglichst zu meiden und weiträumig zu umfahren.
Über die A671 endet die Fahrt am Amöneburger Kreisel und wird über die Kasteler Straße weitergeleitet. Die Mainzer Straße ist bis zur Angelika-Thiels-Straße befahrbar und wird auf den 2. Ring umgeleitet. In den umliegenden Wohngebieten werden die Bernhard-May-Straße an der Einmündung zur Hüglerstraße sowie die Straße “An der Hammermühle“ und der Ferdinand-Knettebrech-Weg auf Höhe des Hundeplatzes gesperrt.
Die beiden 310 Meter langen Brückenteile werden, so der Plan am Samstag um 12:00 Uhr mit rund 220 Kilogramm Sprengstoff "niedergelegt", wie es die Autobahn GmbH ausdrückt. Sprengmeister Eduard Reisch beschreibt das Vorhaben als "gewaltiges, hochkomplexes Projekt", welches er so bisher in seiner Karriere auch noch nicht hatte. Mehr als 1.000 Sperrungen hat er bereits durchgeführt.
Als erstes wird das südliche Brückenbauwerk (Fahrtrichtung Frankfurt) und nur zwei Sekunden später die Nordbrücke gesprengt. Dabei kommt es zu zwei lauten Knall- bzw. Explosionsgeräuschen. Durch die Berechnungen und der angebrachten Sprengladungen an den Pfeilern der Brücken, wird das südliche Bauwerk senkrecht nach unter fallen. Die Nordbrücke kippt vom Klärwerk weg - auf die Trümmer der Südbrücke.
Anschließend wird es zu einer recht großen Staubwolke kommen, die sich über mehrere Hundert Meter ausbreiten wird.
Am Tag der Sprengung wird es keine Möglichkeiten geben, das Ereignis vor Ort zu verfolgen. Die Stadt und die Polizei fordern dazu auf, zuhause zu bleiben. In dem 250-Meter-Sicherheitsbereich dürfen sich keine Personen aufhalten. Die Polizei wird dies unter anderem mit Wärmebildkameras überprüfen. Die Ordnungshüter sind mehrere Kamera-Drohnen im Einsatz und werden das Areal ständig überprüfen.
Alle die sich nicht daranhalten und es trotzdem versuche nah an die Brücke zu kommen, verspricht die Polizei bereits jetzt hartes Durchgreifen. Störungen durch Schaulustige werde konsequent nachgegangen, heißt es von der Polizei Wiesbaden. Wer zudem mit dem Auto komme und dadurch noch zusätzliche Staus verursache, müsse mit Strafen rechnen.
Die Sprengung wird auf verschiedenen Social-Media-Kanälen gezeigt. Auch Wiesbadenaktuell.de überträgt das Ereignis am Samstag in einem Live-Stream von 11:00 bis circa 13:00 Uhr auf unserer Facebook-Seite sowie in dem Artikel “Sprengung der Salzbachtalbrücke“. Außerdem gibt es einen Live-Ticket und auf Facebook, Instagram und Twitter werden unserer Teams von vor Ort, Sie mit den neusten Nachrichten rund um das Spektakel versorgen.
Von zuhause aus hat man somit einen guten, komfortablen und vor allem sicheren Blick auf das Sprengereignis!
Kurz nach der Sprengung und wen sich der Staub gelegt hat rollen die ersten Bagger und Kipper an. Nach am Nachmittag wird damit begonnen, die rund 15.000 Tonnen Trümmerteile (Beton + Stahl) zu zerkleinern und abzutransportieren. Wenn der Schutt weg ist, dann startet die Erneuerung der Bahngleise und der Mainzer Straße (B263). Alle Beteiligten stehen dafür in den Startlöchern. Wenn alles gut geht, dann sind die beiden Verkehrsachsen kurz vor Weihnachten wieder nutzbar.
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Foto: Autobahn GmbH / Maurice Kaluscha