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Nach Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Frankfurt und weiteren Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder hat der Hessische Innenminister Peter Beuth die Mitglieder des Innenausschusses des Hessischen Landtags am Dienstag, 21. Juli, in Wiesbaden über den Ermittlungsstand bezüglich der sogenannten "NSU 2.0"-Drohschreiben informiert und den Adressatinnen und Adressaten sein Mitgefühl ausgedrückt.
„Die Drohungen und Einschüchterungen sind persönlich für die Bedrohten bedrückend und beängstigend. Diese Bedrohungen sind zugleich ein Angriff auf uns alle und unerträglich. Dass im Zusammenhang mit diesen Bedrohungen zusätzlich noch Datenabfragen in den polizeilichen Systemen erfolgt sein könnten, ist ungeheuerlich. Wir werden alles Erdenkliche tun, um den oder die Täter zu ermitteln und die Datenabfragen aufzuklären“, sagte Hessens Innneminister Peter Beuth.
Nach jetzigem Kenntnisstand wurden laut dem Hessischen Landeskriminalamt 69 Drohschreiben, versehen mit dem Kürzel "NSU 2.0", versandt. Sie richten sich an 27 Personen und Institutionen in insgesamt acht Bundesländern.
Neun der bedrohten Personen wohnen in Hessen. Fünf von ihnen werden durch das Gefährdungsmanagement des Landeskriminalamts individuell betreut.
Bei den vier weiteren Personen handelt es sich um Mitglieder von hessischen Justiz- und Sicherheitsbehörden. Verschickt wurden die Schreiben fast immer von einer gleichlautenden Absenderadresse. Der Versand erfolgte überwiegend per E-Mail, aber auch per Fax, SMS sowie über Internetkontaktformulare.
Die Ermittlungsbehörden haben bei allen Schreiben geprüft, ob die dort zum Teil verwendeten Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen könnten. Dies ist bei einem Großteil der verwendeten Empfänger der Fall.
Die Ermittlungen ergaben auch, dass in den Datensystemen der hessischen Polizei von drei unterschiedlichen Rechnern die Daten von drei betroffenen Adressatinnen abgefragt wurden. Daraus nährt sich der Verdacht, dass in diesen drei Fällen Informationen aus hessischen Polizeisystemen in Drohschreiben Verwendung gefunden haben.
Bisher konnte hier ein zeitlicher, aber kein kausaler Zusammenhang belegt werden. Es liegen auch keine Hinweise auf weitere Abfragen betroffener Personen von hessischen Polizeirechnern in diesem Zusammenhang vor.
„Unsere hessischen Ermittlungsbehörden stehen im engen Austausch mit den Bundesländern und dem Bundeskriminalamt. Außerdem wurden bereits Rechtshilfeersuchen an mehrere Staaten gerichtet. Unser polizeilicher Sonderermittler hat übernommen und führt die bisherige Arbeit gemeinsam mit den Ermittlern des Landeskriminalamts sowie weiteren erfahrenen Kriminalisten und IT-Spezialisten mit großem Einsatz fort. Dafür stehen dem Team alle notwendigen personellen und materiellen Ressourcen der hessischen Polizei zur Verfügung“, erklärte der Hessische Innenminister Peter Beuth.
Mit der Übernahme der Ermittlungen durch den polizeilichen Sonderermittler wurde ein neuer Blick auf die Ermittlungen eingebracht. Indem er unmittelbar dem Landespolizeipräsidenten berichtet, sind kurze Meldewege sichergestellt. Zugleich wird ihm dadurch der volle Zugriff auf die Ressourcen der gesamten hessischen Polizei unkompliziert ermöglicht. Das Verfahren wird von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Frankfurt geführt. Darüber hinaus wurden weitere ad-hoc-Maßnahmen ergriffen. So steht dem Sonderermittler aber auch im Hinblick auf sämtliche Ermittlungen von besonderer Bedeutung künftig der Verfahrensreferent als "Single Point of Contact" im Landespolizeipräsidium zur Verfügung, der als zentraler Ansprechpartner zu herausragenden Ermittlungen fungiert.
Auch die Betreuung Betroffener von Drohungen und Einschüchterungsversuchen wird bei der hessischen Polizei weiter ausgebaut. „Dem Schutz und der individuellen Betreuung bedrohter Personen gilt unsere besondere Aufmerksamkeit. Wir werden deshalb auch das Bedrohungsmanagement der Polizei weiter ausbauen. Wer bedroht wird, bekommt schnelle und verbindliche Hilfe, Betreuung und Schutz“, so Beuth.
Hessen strebt in diesem Zusammenhang auch eine Bundesratsinitiative zur Strafverschärfung beim Straftatbestand Bedrohung an. Außerdem wird das Disziplinarrecht dahingehend geprüft, inwiefern ein Sonderrecht in Bezug auf Waffenträger oder ein Entzug der "Zuverlässigkeit" bei Polizistinnen und Polizisten bei bestimmten dienstlichen Vergehen möglich ist.
Als weitere Schritte kündigte der Innenminister unter anderem die Einsetzung einer Experten-Kommission zum Leitbild Polizei sowie die Weiterentwicklung der hessischen Polizei-Studie an.
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Symbolfoto: HMdIS