ANZEIGE
In einer Pressekonferenz haben Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende, Bürgermeister und Gesundheitsdezernent Dr. Oliver Franz, die Leiterin des Gesundheitsamtes, Dr. Kaschlin Butt, und der Leiter der Stadtpolizei, Peter Erkel, über die am Mittwoch beschlossenen Maßnahmen zu Eindämmung der Corona-Pandemie in Wiesbaden informiert, nachdem das Infektionsgeschehen in den letzte Tagen an Dynamik gewonnen hat. Auch eine Hochzeitsfeier in Mainz, auf der sich zahlreiche Wiebadener mit dem Virus infiziert haben, hat dazu beigetragen.
„Wir haben momentan ein Infektionsgeschehen in einer Dynamik, wie wir es noch zu keinem Zeitpunkt der Pandemie in Wiesbaden hatten. Wir haben einen erheblichen Anstieg gehabt in den letzten Tagen. Allein die Altersverteilung der Infizierten bewahrt uns im Moment vor Schlimmerem“, so Oberbürgermeister Mende am Mittwochmittag in der Pressekonferenz im Rathaus. Insbesondere das Freizeitverhalten der Bevölkerung mittleren Alters habe in den letzten Tagen zu einem Anstieg der Infektionszahlen geführt. Dies sei auch der Grund dafür, dass sich der Anstieg derzeit noch nicht in den Wiesbadener Kliniken beobachten ließe, so Franz.
Nachdem bereits am Dienstag die Allgemeinverfügung zum Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen in Kraft getreten ist, hat der Verwaltungsstab nun weitere Verschärfungen beschlossen, die vor allem den "Feierbetrieb" betreffen. „Die Entscheidung für weitere Maßnahmen ist uns dabei nicht leicht gefallen“, betonten Oberbürgermeister Mende und Bürgermeister und Gesundheitsdezernent Franz. „Wir wissen, dass es sehr viele Bürgerinnen und Bürger Wiesbadens gibt, die sich sehr verantwortungsbewusst verhalten und nun von den Maßnahmen mit getroffen werden; dennoch müssen wir handeln“.
So gilt ab Freitag, 28. August, in Wiesbaden ein Alkoholverkaufsverbot zwischen 0:00 und 6:00 Uhr. Diese Regel betrifft alle Verkaufsstellen, auch die Gastronomie und Kioske. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass verstärkter Alkoholkonsum zu einer Nachlässigkeit der Anwendung von Abstands- und Hygieneregeln führt. Außerdem muss ab Freitag bereits an Bushaltestellen ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. In den Bussen selbst ändert sich nichts: Dort sind Bürgerinnen und Bürger weiterhin verpflichtet, Maske zu tragen.
Die Regeln gelten vorerst bis zum 21. September.
Um die Einhaltung der Regeln zu gewährleisten, soll in Wiesbaden intensiv kontrolliert und bei Verstößen sanktioniert werden. „Wir kontrollieren mit Hochdruck. Wir werden das bis zur Grenze der Leistungsfähigkeit tun und dabei die Kontrollen, was den Sanktionsmechanismus betrifft, verschärfen", sagte Franz. Insbesondere bei den Gewerbebetrieben soll darauf geachtet werden, ob sie sich an die Corona-Regeln halten. „Sollte dies nicht der Fall sein, werden wir auch den Widerruf der Schankerlaubnis für befristete Zeit prüfen. Sollte sich daran nicht gehalten werden, wird das auch eine Kategorie sein, bei der Frage der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit."
Der Leiter der Stadtpolizei, Peter Erkel, betonte, dass sich die meistern Bürger zwar an die Regeln hielten, dennoch gebe es "Hotspots", die bei Kontrollen besonders negativ aufgefallen sind. Vor allem bei der Kontrolle von Versammlungsobergrenzen hat die Stadtpolizei viele Verstöße festgestellt. Bei 3.442 Kontrollen mussten 674 Bußgeldverfahren eingeleitet werden. Das Tragen des Mundschutztes wurde 716-mal kontrolliert und 392 Verfahren eingeleitet. Auch die Überprüfung von Gastronomie- und Imbissbetrieben brachte zahlreiche Verstöße. Hier fanden 1.736 Kontrollen statt, bei denen 276 Verfahren eingeleitet werden mussten. Derzeit bahnt sich allerdings ein neuer "Spitzenreiter" an: Seit der Verschärfung der Kontrollen im Wiesbadener ÖPNV wurden 86 Kontrollen durchgeführt. Über 50 Personen mussten ein Bußgeld bezahlen.
Mende und Franz wiesen verstärkt darauf hin, dass diese Maßnahmen noch einmal verschärft werden könnten, sollte sich die Bevölkerung nicht an die Regeln halten oder versuchen, diese zu umgehen. Dann könnten ein Alkoholkonsumverbot an öffentlichen Plätzen oder eine Sperrstunde zwischen 0:00 und 6:00 Uhr für die Gastronomie drohen. Auch das Tragen von Mund-Nasen-Schutz in weiterführenden Schulen ist im Gespräch.
Bereits am Freitag, 28. August, wird der Verwaltungsstab erneut tagen. Nach dem Wochenende kommt das Gremium am Montag wieder zusammen. Nach einer Bewertung des Wochenendes könnten dann weitere Verschärfungen folgen.
„Arbeiten Sie im eigenen Interesse mit. Je früher wir das gemeinsam schaffen, umso mehr ersparen wir uns allen härtere Eingriffe“, betonte Bürgermeister Franz. Auch der Oberbürgermeister appellierte an die Bürger, eigenverantwortlich mit der Situation umzugehen. „Alle diese Maßnahmen verpuffen, wenn die Mitbürgerinnen und Mitbürger keine Eigenverantwortung übernehmen“, so Mende am Mittwoch.
Wie Dr. Kaschlin Butt, Leiterin des Gesundheitsamtes, erklärte, hat die Corona-Hochzeitsfeier in Mainz mit über 100 Gästen - von denen etwa 90 Prozent aus Wiesbaden stammen - Feierlichkeiten in den Fokus für weitere Beschränkungen gerückt. Derzeit sind 30 Gäste nachweislich mit dem Virus infiziert. Wie viele Kontaktpersonen anschließend angesteckt wurden, konnte Butt am Mittwoch noch nicht abschließend sagen: „Es werden aber noch einige dazukommen".
Derzeit sieht das Gesundheitsamt noch keinen Grund, die Maßnahmen an Schulen zu intensivieren. Auch eine Maskenpflicht im Unterricht wurde noch nicht veranlasst. „Hier verfolgt das Gesundheitsamt intensiv, ob die getroffenen Schutzmaßnahmen ausreichend sind“, so Dr. Kaschlin Butt. Trotz Kontakten zu infizierten Schülern habe es in den Klassenverbänden keine weiteren Ausbrüche gegeben.
„Sollten Sie eine SMS der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen erhalten, die Ihnen ein negatives Testergebnis bescheinigt, gilt dieses nicht für die gesamte Familie, sondern gegebenenfalls nur für ein Familienmitglied, welches im Text leider nicht definiert wird. Bitte warten Sie, bevor Schulen oder Arbeitsstätten wieder besucht werden, unbedingt weitere Meldungen per Post oder durch Ihren Arzt oder – bei positivem Befund durch das Gesundheitsamt – ab. Diese unpersonalisierten SMS haben in den vergangenen Tagen in Wiesbaden dazu geführt, dass einige Schulklassen geschlossen werden mussten, obwohl die Eltern nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben.“
Mende und Franz werden in einem Schreiben an die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und den Hessischen Gesundheitsminister Kai Klose auf diesen Missstand hinweisen.
Zudem kam in der Pressekonferenz am Mittwoch das Thema der Corona-Tests für Reiserückkehrenden auf. Franz wies darauf hin, dass die durchgeführten Tests jeweils nur einen Ist-Zustand beschreiben. Je nachdem, wann die Ansteckung stattgefunden hat, ist diese Infektion über den Test noch nicht erkennbar. „Bitte halten Sie sich - trotz eines negativen Testergebnisses - mindestens eine Woche nach Ihrer Einreise von Feierlichkeiten und Veranstaltungen fern und achten Sie konstant auf die Abstands- und Hygieneregeln“, so Dr. Butt.
Oberbürgermeister Mende und Bürgermeister Dr. Franz werden in einem weiteren Brief an den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn darauf drängen, dass sich Reiserückkehrer in eine Quarantäne zu begeben haben und ein Test erst nach einigen Tag nach (Urlaubs-) Rückkehr durchgeführt werden muss.
Grund für den Anstieg der Corona-Infektionen sind vor allem die Reiserückkehrer und private Feierlichkeiten. Wie Oberbürgermeister und Bürgermeister betonten, handelt es sich dabei jedoch keineswegs um ein lokales Problem. Vielmehr sei ein regionaler Anstieg zu erkennen. „In der Tat ist es richtig, dass das kein spezifisches Wiesbadener Vorkommnis ist, sondern dass sich das Virus in einer ganzen Reihe von Städten im Rhein-Main-Gebiet auf ähnliche Weise verbreitet hat. Und das ist der Grund dafür - aus meiner Sicht -, dass das Land Hessen bundesweit mittlerweile eine unrühmlich führende Rolle übernommen hat und das Rhein-Main-Gebiet in erheblicher Weise belastet ist und damit auch wir", erläuterte Franz.
Das Eskalationskonzept des Landes Hessen steht derzeit auf Orange.
P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie Fan von Wiesbadenaktuell.de.
Symbolfoto