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Zwar fehlen noch die Stockbetten, aber alles andere ist in einer gewaltigen Hauruck-Aktion planmäßig fertig geworden. Und so konnten am Dienstag die ersten Flüchtlinge in das Gebäude C des Simeonhauses im Kohlheck umziehen.
Diese Nachricht haben die 235 Flüchtlinge, die am Dienstagmorgen in der Sporthalle in Breckenheim registriert waren, mit Freude aufgenommen. Denn im Simeonhaus warten Drei-, Vier-, Acht- und Zwölfbettzimmer auf sie. Eine deutliche Verbesserung zur Massenunterkunft in der Halle, wo es so gut wie keine Privatsphäre oder Rückzugsraum gab.
„Dass die Unterbringung in Sporthallen keine Dauerlösung sein kann, war von Anfang an klar“, so Oberbürgermeister Sven Gerich. „Nachdem wir jedes denkbare städtische Gebäude auf seine Eignung hin geprüft haben, fiel die Entscheidung auf die August-Hermann-Francke-Schule und das Simeonhaus, da beide der Stadt gehören, leer standen und mit dem geringsten Aufwand den Erfordernissen entsprechend instandgesetzt werden konnten. Dass das so schnell überhaupt möglich war, verdanken wir den städtischen Gesellschaften GWW und SEG, die gemeinsam mit der Wiesbadener Feuerwehr unter Hochdruck daran gearbeitet haben. Stefan Storz, Geschäftsführer der GWW, und Roland Stöcklin, Geschäftsführer der SEG, haben bewegte Wochen hinter sich".
Das Simeonhaus beispielsweise musste sehr kurzfristig wieder technisch instandgesetzt werden. Da die Gebäude bereits von allen Heizungs- und Wasseranschlüssen getrennt waren, war der Installationsaufwand hoch, " .... und auch der vorbeugende Brandschutz war ein großes Thema. Es ist ein sehr ambitioniertes Projekt, das tatsächlich nur durch die Unterstützung der beteiligten Wiesbadener Unternehmen und Dienstleister gelingen konnte. Da es schnell gehen musste, müssen wir mit einigen Abstrichen leben“, so Gerich weiter.
Nach dem Frühstück sammelten die Menschen in der Sporthalle Breckenheim ihr Hab und Gut zusammen und packten bei dem Abbau der Notunterkunft mit an. Um kurz nach 11:00 Uhr konnten die ersten 50 Flüchtlinge in den bereitstehenden ESWE Bus einsteigen, der sie ins Simeonhaus nach Dotzheim brachte. Zwei Busse pendelten zwischen Breckenheim und Kohlheck. Viele der Flüchtlinge halfen, während sie auf die nächste Fahrt warteten, den Einsatzkräften des DRK beim Aufräumen und Saubermachen. Um kurz vor 17:00 Uhr verließen die letzten Asylsuchenden die Notunterkunft ihn Breckenheim. Alles verlief reibungslos und gut organisiert. Die Berufsfeuerwehr Wiesbaden unterstützte den Umzug tatkräftig.
„Wir danken den Menschen aus Breckenheim, die uns und die Flüchtlinge in den vergangenen vier Wochen auf vorbildliche Weise willkommen geheißen und unterstützt haben. Es waren beeindruckende Begegnungen, die wir so schnell nicht vergessen werden“, so Karolina Kasprzyk, Pressesprecherin Malteser Hilfsdienst e.V..
In den vergangenen vier Wochen haben bis zu 70 Handwerker am Tag die leerstehenden Gebäude des Simeonhauses soweit wieder hergerichtet, dass dort wieder Menschen leben können.
Dabei gab es so manches Problem. So konnte laut Stöcklin etwa die bereits vom Netz genommene Heizungsanlage nicht mehr angeschlossen werden, weshalb mobile Heizungen eingesetzt werden müssen. „Außerdem waren die Wasserleitungen stillgelegt, sodass es auch nicht ganz einfach war, in kürzester Zeit eine Trinkwasserqualität zu gewährleisten, ohne die solch ein Haus nicht in Betrieb gehen kann. Daher gibt es dort jetzt dezentrale Toiletten, Sammelwaschräume und -duschen“, erklärt er. Darüber hinaus habe man in der Kürze der Zeit aufgrund der landesweit großen Nachfrage nicht genug Stockbetten auftreiben können. Sie würden erst in den kommenden Tagen geliefert, weshalb die Flüchtlinge zunächst auf Matratzen auf dem Boden schlafen müssten.
„Die Notunterkünfte haben nichts mit Luxus zu tun, wir reden hier von Grundversorgung: Ein Bett, ein Dach über dem Kopf, Essen, Trinken und medizinische Betreuung, das ist immerhin deutlich besser als zu Hunderten in Turnhallen oder – wie andernorts – in Zeltstädten“, so Wiesbadens Oberbürgermeister.
Wenn alle dafür vorgesehenen Gebäude des Simeonhauses entsprechend hergerichtet sind (etwa 250 Räume sollen nach Instandsetzung genutzt werden können), soll gemeinsam mit der August-Hermann-Francke-Schule der Bedarf an insgesamt bis zu 1.000 Notunterkunftsbetten gedeckt werden können, die die Landeshauptstadt Wiesbaden im Auftrag des Landes Hessen bereitstellen muss.
Das Simeonhaus ist eine ehemalige Alteneinrichtung, die der GWW gehört. Die leer stehenden Gebäude sollen perspektivisch zur Unterkunft für Flüchtlinge genutzt werden, die Wiesbaden fest vom Land zugewiesen werden, also bereits einen Asylantrag gestellt haben. Da sich die entsprechenden Zuweisungszahlen nicht signifikant erhöhen, kann das Gebäude vorrübergehend als Notunterkunft genutzt werden. Auf lange Sicht sollen dort Wohnungen entstehen.
In der nächsten Woche soll auch der Umzug der Flüchtlinge aus Nordenstadt in das Simeonhaus erfolgen. Die Taunushalle wird als letzte geräumt, da sie zum Beispiel aufgrund der Raumaufteilung deutlich besser als Notunterkunft geeignet ist als die Hallen in Naurod und Breckenheim. Dennoch wird der Umzug laut Björn Hörnle, Regionalvorstand Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) Wiesbaden, nicht nur für die Flüchtlinge, sondern auch für die Helferinnen und Helfer eine deutliche Erleichterung: „Für die Bewohner, weil sie nicht mehr zu Hunderten dicht an dicht auf Feldbetten schlafen müssen, und für die Helfer, weil es im Simeonhaus nochmal ganz andere Betreuungsmöglichkeiten gibt als in einer Sporthalle. Außerdem sind wir dann mit JUH, DRK und MHD quasi unter einem Dach und können uns gegenseitig unterstützen, wenn mal etwas nicht so läuft wie geplant.“ Trotzdem werde er Nordenstadt ein wenig vermissen. „Viele Anwohner haben ihre Hilfe angeboten und sich innerhalb der Einrichtung engagiert, das war wirklich eine tolle Erfahrung. Dafür sagen wir schon mal ein herzliches Dankeschön an die Nordenstadter.“
Hörnle betreut seit genau einem Monat die Notunterkunft in Nordenstadt mit seinem Team aus ehren- und hauptamtlichen Kräften.
Derzeit ist die JUH neben dem Betrieb der Halle in Nordenstadt vor allem mit der Umzugsplanung beschäftigt. „Bei der Organisation der Zimmerverteilung profitieren wir von den Erfahrungen der vergangenen Wochen. Außerdem organisieren wir in den nächsten Tagen gemeinsam mit dem DRK die medizinische Versorgung, sowohl was die Räume als auch die Prozesse betrifft“, erklärt Hörnle.
Sein Kollege Rafael Skrzipietz vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Regionalverband Westhessen, hat den Umzug bereits hinter sich und gute Erfahrungen gemacht: Die Notunterkunft in der Halle Naurod, die ebenfalls vom ASB betreut wurde, ist vor zwei Wochen in die bis dato leerstehende August-Hermann-Francke-Schule im Rheingauviertel umgezogen. „Klar, man muss sich erstmal neu organisieren, aber mittlerweile haben wir einen routinierten Tagesablauf und die Atmosphäre ist sehr viel familiärer und entspannter als noch in der Sporthalle“, meint Skrzipietz. Er leitet die Notunterkunft in der Schule und findet, dass sich vor allem die Unterbringung in kleineren Räumen sowie die Rückzugs- und Betätigungsmöglichkeiten sehr positiv auf Bewohner und Hilfskräfte auswirken.
„Wir gehen davon aus, dass wir Ende Oktober keine Turnhallen mehr als Notunterkünfte nutzen müssen, sodass der Vereins- und Schulsport in Breckenheim, Nordenstadt und Auringen wieder stattfinden kann“, so Sven Gerich. Die Sporthalle Naurod wird bereits seit dem 5. Oktober wieder normal genutzt. Die Sporthalle in Breckenheim wird in den kommenden Tagen noch grundgereinigt und steht dann wieder seiner eigentlichen Nutzung zu Verfügung.
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